„Das wird der totale Kulturschock“, „Ganz anders, als alles, was du bisher erlebt hast“ - Mit diesen Sätzen der Kolleginnen und Kollegen im Ohr und jeder Menge Gastgeschenke im Gepäck trat ich meine erste Reise nach Indien an. Über die GEPA hatte ich die Chance zum langjährigen Teepartner Tea Promoters India (TPI) in die weltberühmte Teeregion Darjeeling zu reisen, um von dort über unsere Social Media-Kanäle zu berichten. Als leidenschaftliche Teetrinkerin konnte ich nun endlich sehen, wo Grün- und Schwarztee herkommen, wer ihn anbaut und wie man Teeblätter erntet! Mit dabei waren auch Meike Natrop, GEPA-Sortimentsmanagerin Tee, und Filmautorin Anne Welsing.
Welche Eindrücke ich dabei gesammelt habe, was unseren Tee-Partner TPI so besonders macht und was das alles mit Fußball zu tun hat, sehen und lesen Sie hier.
Was viele vielleicht noch nicht wissen: Es war die GEPA, die 1987 den weltweit ersten Bio-Tee auf den deutschen Markt gebracht hat. Dieser stammte zwar von einem Teegarten in Sri Lanka, aber die damalige Pionierleistung ist auch bezeichnend, was die Zusammenarbeit der GEPA mit TPI und den Teegarten Samabeong in Indien angeht: „Ende der 80er Jahre die Ersten zu sein, war nochmal viel wichtiger: Denn damals waren die Umstände noch andere als heute. Die GEPA hat TPI von Anfang an unterstützt - ohne sie wäre das ganze Projekt nicht in Gang gekommen,“, erzählt mir Binod Mohan, Sohn des TPI-Gründers Brij Mohan. Damit meint er sein Unternehmen TPI, das heute – 30 Jahre später – besten Bio-Tee aus Darjeeling produziert! Heute erwarten Konsumenten beim Kauf von Fair Trade- und Bioprodukten etwas Besonderes: Sie bezahlen dafür einen höheren Preis und erwarten dann auch eine bestimmte, bessere, Qualität und einen guten Geschmack, die sie bei GEPA-Produkten auch bekommen.
Binod Mohan hat die von seinem Vater Brij Mohan gegründete Teefirma übernommen. Eines Tages wird TPI auch von seinem eigenen Sohn, Gautam Mohan, weitergeführt, der heute schon Managing Director ist. Beide, Binod und Gautam, haben mir ihre persönliche Perspektive auf den Teegarten näher gebracht: Von Binod habe ich viel über die Geschichte des Teegartens Samabeong und die Anfänge der Zusammenarbeit mit der GEPA erfahren – Gautam steht für die Zukunft und einen Generationenwechsel innerhalb von TPI. Nach seinem Studium in Großbritannien und seiner zweijährigen Arbeit bei den Vereinten Nationen in New York, hat sich Gautam 2014 dazu entschieden bei TPI einzusteigen: „Mein Leben und meine Leidenschaft ist Tee!“ Das spürt man auch: Ob beim Spaziergang durch den Teegarten, bei der Verkostung der frisch verarbeiteten Teeblätter oder einfach nur beim abendlichen Teetrinken – ich habe das Gefühl, dass er jeden Teebusch kennt und viel Zeit und Energie in den Bio-Anbau steckt.
„Ich habe nie darüber nachgedacht, es anders zu machen: Ich bin in einem Umfeld aufgewachsen, in dem ökologisches Bewusstsein selbstverständlich war“, sagt Gautam Mohan, Managing Director bei TPI. Viel von seinem Wissen über Tee hat Gautam von seinem Großvater gelernt. Dieser wurde anfangs noch belächelt und auch kritisiert, als er mit dem zertifizierten Bio-Anbau begonnen hat: Doch das Blatt hat sich gewendet - im wahrsten Sinne des Wortes ;): Heute sind 56 Prozent der Teegärten in Darjeeling bio! Bis heute stellt der Bio-Anbau TPI immer wieder vor neue Herausforderungen. Daher wünscht Gautam sich mehr Austausch unter Experten: „Es müsste ein Online-Netzwerk geben, in dem Bio-Farmer weltweit ihre Erfahrungen miteinander teilen können.“
Solche Ideen und die Aufgeschlossenheit gegenüber neuen technischen Entwicklungen, kombiniert mit dem Wissen über Tee aus der Familiengeschichte: All das bringt die neue Generation wie frischen Wind in die Traditionsfirma TPI mit hinein. Auf unserer Reise bin ich immer wieder jungen Menschen dieser jüngeren Generation begegnet, die sich bewusst dafür entschieden haben hier zu leben und zu arbeiten – in der Bildergalerie lernen Sie einige von ihnen kennen:
Es ist heute fast nicht nachvollziehbar: Aber alles, was wir in Samabeong gesehen haben – von der Teefabrik, über das großzügige Gästehaus, die Highschool bis hin zum Fußballfeld und dem lokalen Wochenmarkt – hat es vor 30 Jahren hier nicht gegeben. Samabeong war eine in der Kolonialzeit angelegte und dann in den 1980er Jahren wegen politischer Unruhen brachliegende Teeplantage voller verwilderter und hochgewachsener Teebüsche ohne Infrastruktur. TPI hat dieses Gebiet 1989 vom indischen Staat gepachtet und zusammen mit der GEPA und Naturland wieder bewirtschaftet – der Teegarten Samabeong war geboren! Mehr über die Entstehung erfahren Sie hier.
„Den Menschen materielle Goodies zu geben, ist die eine Sache, aber was am Ende wirklich zählt, ist der Einfluss durch den Fairen Handel auf das Leben der Menschen hier“, betont Binod Mohan. Das tägliche Leben der Bewohnerinnen und Bewohner habe sich enorm verbessert, sie haben heute bessere Zukunftsaussichten und es findet ein soziales Leben und Miteinander in den Dörfern statt. Diesen starken Zusammenhalt innerhalb der Community habe ich immer wieder auf der Reise erlebt.
Welche sozialen Projekte durch die Partnerschaft der GEPA mit TPI entstanden sind und wie diese dazu beigetragen haben, dass Samabeong Effekte auf die gesamte Region hat, sehen und lesen Sie in der Bildergalerie:
Auch das tägliche Leben der Teearbeiterinnen und -arbeiter hat sich dank der Zusammenarbeit mit der GEPA und den Fairen Handel deutlich verbessert: Mit am stärksten haben wir diese Veränderung hin zu einem höheren Lebensstandard bei der Teepflückerin Bishnu Chhetri erlebt:
Ein Filmteam hat sie zuletzt vor zwölf Jahren schon einmal besucht, um für den damaligen GEPA-Teefilm zu drehen - was sich seitdem im Leben der heute 54-Jährigen verändert hat, schauen Sie sich am besten selbst in Fotos an:
Als ich mich im Büro in Wuppertal auf die Reise vorbereitet hatte, konnte ich mir nur schwer vorstellen, wie unterschiedlich die beiden Teegärten Samabeong und Putharjhora sind. Zwei Stunden Fahrtzeit und ein Höhenunterschied von 2.000 Metern – aber dass zwischen den beiden Teegärten Welten liegen, das zeigt Googlemaps mir nicht an.
Denn während das Wetter in Samabeong kühl, oft neblig und regnerisch war, wurden wir in Putharjhora von einem tropischen, feuchten Klima (und der obligatorischen Tasse Tee in der dortigen Unterkunft) empfangen.
In Putharjhora wollten meine Kollegin Meike und ich dann endlich erfahren, was das Geheimnis hinter dem Teepflücken ist und worauf es ankommt. „Two leaves and a bud“ – hatten wir zwar als einfache Regel während der Reise schon oft gehört, aber noch nie selbst angewendet!
Zunächst wurden wir von drei Frauen traditionell eingekleidet. Sie hatten offensichtlich großen Spaß dabei, uns – typisch westeuropäisch aussehende Frauen – in ihre alltägliche Arbeitskleidung zu hüllen. Als auch die letzte Halskette umgebunden war, ging es los: Bei gefühlten 35 Grad in der Mittagshitze, mit drei Schichten Kleidung am Körper, einer schweren Arbeitsschürze umgebunden und dem Teesack auf dem Rücken, dessen lange Träger wie ein Stirnband um unsere Köpfe gebunden waren. Jetzt galt es jeweils die obersten beiden Teeblätter eines Teebusches verbunden durch eine Blattknospe mit Daumen und Zeigefinger an der richtigen Stelle zu pflücken.
Hat man eine Handvoll Teeblätter geerntet, kommen sie in den Teesack auf dem Rücken. Bis dieser wirklich bis oben hin gefüllt ist, dauert es eine Weile. In der Zeit, in der wir uns mühsam Teeblatt für Teeblatt erarbeiten, lacht uns Supervisor Malati Sunwar an – beide Hände voller feinster Teeblätter. Sie versicherte uns aber, dass sie uns als Teepflückerinnen einstellen würde! Nach dieser Erfahrung habe ich noch mehr Respekt vor dieser anstrengenden Handarbeit und vor den Teepflückerinnen, die diese Arbeit acht Stunden am Tag erledigen. Doch nur durch das „handplucking“ erreicht der Tee auch die Qualität, die wir so schätzen – und das sollte man sich auch bei jeder Tasse Tee bewusst machen und sich eine kleine Auszeit gönnen.
Unsere ersten Pflückversuche in Bildern und was wir in Putharjhora noch erlebt haben, sehen Sie hier:
Als letzte Station auf unserer Reise besuchten wir Kalkutta: Die Millionenmetropole ist die siebtgrößte Stadt Indiens, aber wie Gautam uns schon erzählt hatte, herrscht dort eine entschleunigtere Atmosphäre als in Delhi, was ich mir angesichts vier Millionen Einwohnern zwar kaum vorstellen konnte, aber er sollte Recht behalten.
In Kalkutta konnten wir noch ein letztes Mal erleben, wie unterschiedlich die Inderinnen und Inder ihre Teekultur zelebrieren: Da sind zum einen die Chai Wallahs, die an jeder Straßenecke stehen und entweder auf einem Wagen oder an einem festen Stand den heißen Chai aus großen gusseisernen Töpfen in kleine Pappbecher oder Tontassen ausschenken. Doch mir scheint, dass sich die „To-Go“-Mentalität beim Chai noch nicht wie beim Kaffee durchgesetzt hat – denn die meisten Inder*innen trinken ihren kochend heißen Tee an Ort und Stelle, unterhalten sich oder schauen dem Straßentreiben zu. Praveen, der uns eine kurze Stadtführung mitnahm, erzählte uns, dass er als Student die Zeit zwischen den Vorlesungen gern an seinem Lieblings-Chai Wallah-Stand in Uninähe verbrachte.
Völlig anders sind dagegen die nobel anmutenden Tee-Restaurants, vergleichbar mit Wiener Kaffeehäusern, in denen wir die exotischsten Teesorten in kleinen Kännchen serviert bekommen – natürlich immer mit einer Sanduhr auf dem Tisch, sodass man genau weiß, wann der Tee gezogen ist. Mein persönlicher Favorit und die Entdeckung auf der Reise: Oolong – ein halbfermentierter Tee, der mehr Teein als Grüntee enthält und weich im Geschmack ist. An unserem Nebentisch saß eine Gruppe von wohlhabend aussehenden Frauen in ihren Fünfzigern, die sich hier zu Nachmittagstee und Kuchen traf – genau die Zielgruppe, die man in einem solchen Teehaus erwartet.
Es geht aber auch hip und modern - klicken Sie sich durch die Bildergalerie:
Auf unserer Reise durften wir auch miterleben, wie aus handgeschöpftem Recyclingpapier die schönen GEPA-Teeverpackungen für die losen Bio-Tees von TPI hergestellt werden. Das geschieht in mehreren Produktionsbetrieben in und um Delhi, die mit Mahima Mehra zusammenarbeiten. Mahima hat 1995 den Papeteriebetrieb Fibres gegründet, von dem die GEPA seit mehr als 20 Jahren ihre handgeschöpften Teeverpackungen bekommt. Bei ihr laufen alle Fäden zusammen: Sie koordiniert die einzelnen Arbeitsschritte und schickt dann die mit dem GEPA-Logo bedruckte und gefaltete Papierverpackung in die TPI-Zentrale nach Kalkutta. Besonders beeindruckend war für mich zu sehen, wie viele Arbeitsschritte dafür notwendig sind und dass dabei so viele Menschen an unterschiedlichen Orten in Delhi involviert sind. Und vor allem: Darüber den Überblick zu behalten! Da kann es dann auch mal passieren, dass wir während einer Autofahrt mit Mahima mitten auf einer Straße in Delhi kurz anhalten, ein Bote auf dem Moped angebraust kommt, ein Paket voller Papier in den Kofferraum legt, Mahima kurz grüßt und wieder davon fährt!
Die einzelnen Arbeitsschritte sehen Sie hier in der Bildergalerie:
Alles in allem war es eine sehr spannende Zeit für mich – 13 Tage können so schnell vorbei sein, wenn man jeden Tag neue Dinge erlebt, Menschen und deren Alltag in einer völlig fremden Kultur kennenlernt, exotisches Essen probiert und jede Menge unterschiedlichen Tee trinkt. Nach der Indienreise kann ich zwar noch nicht sagen, dass ich dieses riesige Land mit seinen unterschiedlichen Facetten kenne, aber ich weiß jetzt genau, aus welcher Region der GEPA- Tee kommt, welche Menschen dahinter stehen – von der Ernte bis zur Verarbeitung – und wie viel Arbeit und Leidenschaft darin stecken. Und daran erinnere ich mich gern zurück – jeden Morgen, wenn ich meine erste Tasse Grüntee aus Darjeeling genieße.
Stand 7/2018
In der Handelspartner-Darstellung können Sie noch mehr
Zahlen und Fakten über unseren Teepartner TPI erfahren
Noch mehr Reiseberichte von GEPA-Kolleginnen und Kollegen
zu unseren Partnern weltweit finden Sie hier