Zu Gast bei GEPA-Kaffeepartnern in Ostafrika

Reiseblog Uganda/Tansania
von Brigitte Frommeyer

GEPA-Pressereferentin Brigitte Frommeyer hat Eindrücke von ihrer Dienstreise zu unseren Kaffeepartnern ACPCU (Uganda) und KCU (Tansania) mitgebracht. Dort war sie im November 2023 unterwegs. Sie hat bei ACPCU unter anderem gesehen, wo die Bohnen für unseren von ÖKO-TEST ausgezeichneten „Bio Espresso Ankole“ herkommen und wie bei KCU der beliebte Kaffee „Kagera Instant“ produziert wird, den unser Partner vor Ort selbst röstet und verarbeitet. 

Wer also mehr über die beiden Genossenschaften erfahren, aber auch ein paar Worte Suaheli und Luganda lernen und außerdem herausfinden will, welches ostafrikanische Land bereits Plastiktüten verboten hat, sollte jetzt ihren Blog lesen:

Abflug nach Entebbe

Dienstag, 21.11.2023: Koffer gepackt, alles gecheckt, nichts entdeckt, was noch fehlt: Ich bin bereit! Morgens um sechs geht‘s los auf große Reise nach Ostafrika: vom Flughafen Düsseldorf mit Umstieg in Amsterdam und Zwischenstopp in Kigali, Ruanda. Leider zieht sich der Aufenthalt in Amsterdam wegen eines technischen Defektes länger hin als gedacht. Mit zweieinhalbstündiger Verspätung heben wir gegen 13:30 Uhr MEZ endlich ab. Dank freiem WLAN an Bord bin ich gut vernetzt und halte unsere Einkaufsmanagerin Franziska Bringe immer auf dem Laufenden – wie auch den Fahrer Johnson Wabi, der mich am Flughafen Entebbe abholen soll. Gegen ein Uhr nachts Ortszeit komme ich an, völlig übermüdet, aber glücklich und erwartungsfroh, weil schließlich doch alles geklappt hat. In Uganda ist man uns mit der Zeit voraus, aber nur zwei Stunden, sodass mein Jetlag sich in Maßen hält.

Auf nach Bushenyi!

Mittwoch, 22.11.2023: Um elf Uhr starten Johnson Wabi und ich auf unseren rund siebenstündigen Trip von Entebbe nach Kabwohe im Distrikt Bushenyi, wo unser langjähriger Partner, der Kaffeedachverband ACPCU, seinen Sitz hat. Johnson wählt eine neue Autostraße: „Dann müssen wir nicht durch Kampala fahren.“ Die Straße ist breit und lehmig. Ich sehe Baufahrzeuge und Schilder mit chinesischen Schriftzeichen. Kein Wunder: Die zweitstärkste Wirtschaftsmacht der Welt schlägt auch hier ihre Schneisen.

Am Straßenrand viele Ziegen und Kühe, die an einem Pflock angebunden sind. Johnson kommt langsam auch beim Reden in Fahrt. Zwischendurch Mautstationen, Dörfer mit Holzhütten und Wellblechdächern, Schlaglöcher, die ihn immer wieder zum Abbremsen zwingen.


Dann scharen sich Menschentrauben um den Wagen, um uns gebratene Hühnerschenkel, Wasser, Ziegenfleisch und Mini-Bananen anzubieten. Johnson bietet mir eine kleine Packung mit Ziegenfleisch-Sticks an: „Probier das mal.“ Das Fleisch ist gut durchgebraten. Ich hätte auf Lamm getippt.

Auf der Weiterfahrt schließlich der große Moment: Wir überqueren den Äquator. Das muss fotografisch dokumentiert werden! Dann geht’s Richtung Mbarara, mit knapp 200.000 Einwohner*innen das Zentrum von Ankole. Aus dieser Region stammen die Robusta-Bohnen für unseren gleichnamigen „Bio Espresso“.

Gegen 18 Uhr Ankunft in unserem Hotel in Bushenyi, wo ich meine Kollegin Franziska wiedertreffe. Abends dort ein erstes Arbeitsessen mit Vertreter*innen von ACPCU: John Nuwagaba (Geschäftsführer), Ketra Kyoshimire (Mitarbeiterin in der Buchhaltung) und Stanley Maniragaba (Betriebsleiter). Stanley kenne ich schon von diversen Besuchen bei der GEPA und in Nürnberg, wo er 2018 auf der Biofach-Messe unser neues Fachsortiment „Taste Fair Africa“ mit uns vorgestellt hat. Auf der Hotelveranda klingt bei einem Bier „Nile Special“ der Tag aus. Nur die Grillen zirpen, ich genieße die Ruhe und lasse die vielen Eindrücke Revue passieren.

Unterwegs in Ankole: Wie fairer Kaffee Schule macht

Donnerstag, 23.11.2023: Gegen zehn Uhr holen uns Vertreter von ACPCU ab. Derick Komwangi, der Verantwortliche für Sozial-Projekte, stellt uns das Programm des heutigen Tages vor. Wir sind den ganzen Tag unterwegs, werden zwei Schulen, eine Basisgenossenschaft und eine Kaffeebäuerin besuchen.


Nyandozo Primary School

Wir machen Halt bei der Nyandozo Primary School. Die Schüler*innen dort sind fünf bis 14 Jahre alt. Mit der Fairtrade-Prämie trägt ACPCU dazu bei, das marode Gebäude aus den 1950er-Jahren in Schuss zu halten. Denn der Staat lässt bisweilen die nötige Fürsorge vermissen. Von der Prämie hat ACPCU einen neuen Waschraum, getrennt nach Geschlechtern, finanziert. Früher war das anders. Dann sind die älteren Mädchen aus Scham zuhause geblieben, wenn sie ihre Periode hatten. 

Die Kinder laufen fröhlich und neugierig auf uns zu. Als der Lehrer sie fragt, was ACPCU bedeutet, stimmen sie im Chor ein: „Ankole Coffee Producers Cooperative.“ Später bringen sie uns ein Ständchen: „Welcome to you, our dear visitors“. Einige Kinder tragen Schuluniformen, andere nicht. Sie zeigen uns ihren Schulgarten. Dort sollen die Schüler*innen mit Agroforstwirtschaft und ihren Mischkulturen vertraut gemacht werden. Neben Kaffeepflanzen sieht man auch Bananenstauden. Aus den Erlösen wird das Gebäude ebenfalls instandgehalten.


Nyakashambya P/S. School

Weiter geht’s zur Nyakashambya P/S. School, in den 80er-Jahren erbaut und frisch saniert. Mit der Fairtrade-Prämie hat ACPCU in den letzten Jahren neue Verwaltungs- und Klassenräume gebaut. Auch neue Schlafräume für Mädchen sind errichtet worden; sie wohnen zwar nicht immer weit von der Schule entfernt. Es ist früher aber auf dem Schulweg vereinzelt zu sexuellen Übergriffen gekommen, wie der Schulleiter uns erzählt. Deshalb fahren die Mädchen nur in den Ferien nach Hause. Dann packen sie ihre Siebensachen in eine Kiste, rollen ihre Matratze darauf und schwingen sich auf den Rücksitz des Boda Boda. Dieses Moped wird hier viel als Transportmittel genutzt.

Wegen des vorbildlichen Schulkonzepts ist die Zahl der Anmeldungen an der Nyashambya-Schule im Laufe der Jahre von 87 auf rund 900 gestiegen. Auch hier gibt es einen Schulgarten von 1,5 Morgen Größe, üppig bewachsen mit Kaffee- und Bananenstauden. 
Bildung ist eine Investition und schließt Herzensbildung mit ein: Fürsorge, Ehrlichkeit, Toleranz sind nur einige der Werte, die hier vermittelt werden. Frei nach John F. Kennedy sollen die Schüler*innen auch Eigeninitiative entwickeln: „Don’t ask what Nyashambya P/S has done for you. Ask: What have I done for Nyashambya P/S?“ So heißt es im Leitbild der Schule. 

Stipendien für überdurchschnittlich Begabte

Nach Abschluss der Primary School können sich begabte Kinder für die High-School bewerben. ACPCU unterstützt sie dann mit einem Stipendium.


Zwischenstopp bei ACPCU

Auf dem Weg zur Basisgenossenschaft Nybingo Co-Operative Society machen wir Halt bei ACPCU. Wir sehen Männer, die 60-Kilo-Kaffeesäcke aus dem Lager in den LKW tragen. Wie sie das so flott und scheinbar leichtfüßig stemmen, nötigt mir Respekt ab. Der LKW wird den Kaffee zur Einschiffung nach Mombasa (Kenia) bringen, denn Uganda hat keinen eigenen Zugang zum Meer. 

Nybingo Co-Operative Society 

Am Nachmittag machen wir uns auf den Weg, um eine Basisgenossenschaft zu besuchen. Kaffee wird hier auf bis zu 1.500 Metern Höhe angebaut, recht ungewöhnlich für Robusta. Auf dem Weg dorthin über holprigen Lehmpisten treffen wir auf einen anderen Lastwagen von ACPCU, der im Schlamm steckengeblieben ist. Männer versuchen, den Weg mit Steinen zu stabilisieren, aber leider sind die Steine zu weich. Schließlich wird der LKW abgeschleppt. Die Männer helfen mit vereinten Kräften nach. So gelingt es, den Karren im wahrsten Sinn des Wortes aus dem Dreck zu ziehen.


Vor dem Verwaltungsgebäude der Basisgenossenschaft werden wir freundlich von den Mitgliedern begrüßt. Sie sind seit 2017 Mitglied von ACPCU, weil sie dort Vorteile haben, die es woanders nicht gibt, z. B. Fairtrade-Prämien. Die ersten Prämien wurden zur Ertragssteigerung an die Produzent*innen ausgezahlt. Wir besichtigen die moderne Kaffeebohnenschälmaschine. Hier wird das getrocknete Fruchtfleisch von den Kaffeekirschen entfernt. 

Anschließend statten wir der Kaffeebäuerin Elizabeth einen Besuch ab. Sie zeigt uns ihr Kaffeefeld. Es geht steil runter in den Mischwald und ich passe auf, dass ich nicht über Wurzelwerk stolpere. Die Erntezeit ist vorbei. Nur vereinzelt hängen noch Kaffeekirschen am Baum. Elizabeth zeigt uns ihr neues, schlüsselfertiges Haus, ein hübscher Ziegelbungalow. Zu Weihnachten will sie hier einziehen. Vor dem Haus steht ein Ziegelofen, wo die Steine für ihr neues Zuhause gebrannt wurden.


Wir bedanken uns im Versammlungshaus bei den Genossenschaftsmitgliedern für den herzlichen Empfang und betonen die hohe Qualität ihres Robusta, der auf dieser Höhe sehr gut gedeiht. Ich erwähne, dass ÖKO-TEST unseren „Bio Espresso Ankole“ 2019 mit „sehr gut“ bewertet hat, was auf die Anwesenden sichtlich Eindruck macht. Gegen sechs Uhr abends verabschieden wir uns. Am Dorfeingang sehen wir viele Männer mit ihren Boda Bodas. Ich lasse das satte Grün der Steppenlandschaft auf mich wirken. Hinter den Wolken lugt die Abendsonne hervor und sorgt für ein stimmungsvolles Spiel von Licht und Schatten.

Zu Gast in der Zentrale von ACPCU

Freitag, 24.11.2023: Nach dem kurzen, aber beeindruckenden Zwischenstopp von gestern möchte ich die Zentrale von ACPCU heute näher kennenlernen. Der Tag begrüßt uns mit einem warmen Tropenschauer. Buchhalterin Ketra Kyoshimire holt uns gegen neun vom Hotel ab. Regen pladdert auf das Autodach, die Scheibenwischer heben und senken sich. Aus dem Radio ertönt: „Oh come all ye faithful“ – ungewohnt feierlich an diesem Arbeitstag. Ketra erzählt uns von ihrer kleinen Farm und dem bevorstehenden Weihnachtsfest mit der Familie. Sie hat vier erwachsene Kinder; ein Enkelkind ist auch unterwegs.

This machine has no brain. Use your own.Warnung auf einer der Maschinen

Ultramoderne Weiterverarbeitung

Nach einer guten Dreiviertelstunde erreichen wir die Zentrale in Kabwohe. Vor dem Arbeitsgespräch nehmen wir uns Zeit für eine ausgiebige Betriebsbesichtigung. Seit seiner Gründung 2006 hat sich der Kooperativen-Verband in einem atemberaubenden Tempo weiterentwickelt. „Die GEPA hat uns angetrieben“, sagt Betriebsleiter Stanley Maniragaba. Allein von 2017 bis 2021 sind durch die Fairtrade-Prämie vier zusätzliche Lagergebäude entstanden. Ich bin beeindruckt von den ultramodernen Weiterverarbeitungsmaschinen. Staub, Steine werden automatisch abgesaugt und der „Grader“ lässt kleine, unreife Bohnen durch ein Sieb fallen. Die guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen. Der „Colour sorter“ schießt per Sensor schwarze Fehlbohnen raus und garantiert so eine gleichbleibend hohe Kaffeequalität. „Be careful!“, so die Mahnung auf dem Schild. „This machine has no brain. Use your own.“ („Diese Maschine hat kein Gehirn. Benutze dein eigenes.“)

Ein nagelneuer Röster und eine Verpackungsmaschine werden ebenfalls präsentiert, denn ACPCU verkauft einen kleinen Anteil Röstkaffee unter der Eigenmarke „Ankole“ auch auf dem lokalen Markt. Der Zugang ist schwierig, als ehemalige britische Kolonie ist Uganda ein Land von Teetrinker*innen und die Durchschnittsbevölkerung kann sich Kaffee als relativ teures Heißgetränk kaum leisten.


Im Kaffeelabor

Und dann geht’s zur Kaffeeverkostung ins Kaffeelabor, wo zwei Qualitätsverantwortliche von ACPCU und unsere Einkäuferin Franziska verschiedene Kaffees probieren und ihre Geschmackserlebnisse („würzig“, „nussig“ und „schokoladig“…) austauschen. Ich versuche ebenfalls mein Glück; leider ist meine Zunge nicht so geschult und auch das Schlürfen kriege ich noch nicht so richtig hin. Aber das „Saubermachen“, also das Entfernen der Schaumschicht von der Oberfläche, sieht bei mir zumindest halbwegs professionell aus. 

Baumschule

Als die Sonne durch die Wolken bricht, besuchen wir die Baumschule von ACPCU. In der Regel werden die Kaffeesetzlinge kostenfrei an die Mitglieder ausgegeben. Eine Ausnahme bilden die Setzlinge, die gegen den Pilz „Coffee Wilt Disease“ resistent sind. Hier müssen die Kaffeebäuer*innen einen kleinen Unkostenbeitrag (ca. 1,50 Euro) zahlen. 

Gesundheitszentrum

Auch das Gesundheitszentrum hat einiges zu bieten. Weibliche Mitglieder können hier entbinden oder zur Brustkrebsvorsorge kommen. Kranke werden manchmal wegen HIV, öfters wegen Malaria behandelt. Bald soll es einen Impfstoff gegen Malaria geben, wie uns der Arzt erzählt.


Frauenbeauftragte Gladys Kyomugisha

Später nach dem Arbeitsgespräch im Verwaltungsgebäude treffen wir die Frauenbeauftragte Gladys Kyomugisha wieder, der wir schon am Vortag bei unserem Besuch der Basisgenossenschaft begegnet waren. Sie erzählt von der allgemeinen Situation in Uganda: Frauen haben oft keine Sicherheiten, kein Einkommen und auch keinen Zugang zu Land. Insgesamt ist die Struktur noch sehr patriarchalisch und die Frauen sind sehr abhängig von ihren Männern. Bei einer Scheidung bleiben nur die kleinen Kinder bei ihrer Mutter. Kinder ab sieben Jahren werden den Vätern zugesprochen. 

ACPCU hat ein Mikrokredit-Programm für Frauen initiiert, z. B. für die Instandhaltung ihrer Gebäude. Die Kredite werden zu niedrigen Zinsen vergeben. Die GEPA hat sich auch mit einer Summe von rund 5.700 Euro beteiligt. Aktuell stellt ACPCU rund 170.000 Euro zur Verfügung. Für Frauen ist es schwierig, bei regulären Banken ein Darlehen zu erhalten. ACPCU zahlt seinen weiblichen Mitgliedern viele Kredite von 194 US-Dollar und mehr, der nach drei bis sechs Monaten zurückgezahlt werden kann.

Häusliche Gewalt ist immer noch ein großes Problem.Gladys Kyomughisha

Gladys erzählt uns von ihrem aktuellen Pilzprojekt: ACPCU verteilt kostenlos Pilzsetzlinge an die Frauen. Mit dem Anbau und Verkauf von Pilzen, Kohl und Möhren erzielen die Frauen ein zusätzliches Einkommen. Gladys berät die Frauen auch bei Konflikten in der Familie, denn „häusliche Gewalt ist immer noch ein großes Problem.“

Im Kaffeeanbau geht nichts ohne die Frauen. Sie erhalten Weiterbildungen in ihrer lokalen Muttersprache. Welche Qualitäten es braucht, um eine gute Kaffeebäuerin zu sein, fasst Gladys so zusammen: „Harte Arbeit, Geduld, kein Unkraut auf dem Feld.“

Abschied

Schon wieder geht ein ereignisreicher Tag zu Ende. Und schon müssen wir uns von ACPCU verabschieden, denn morgen soll es auf dem Landweg weiter nach Tansania gehen. 
Wir sagen „Danke“ oder „Webaale!“ Das ist Luganda, eins der lokalen Idiome in Uganda. Danke, ACPCU für diesen herzlichen Empfang und die interessanten Eindrücke!


„Karibu!“ – Willkommen in Tansania!

Samstag, 25.11.2024: Wiedersehen mit Johnson Wabi: Er bringt unsere Einkaufsmanagerin Franziska Bringe und mich heute zur Grenzstadt Mutukula. Wir sind „on the road again“. Es geht sanft auf und ab und wir lassen Dörfer, Städte, Landschaften an uns vorüberziehen. Am frühen Nachmittag erreichen wir unser Ziel. An der Grenze gibt es ein fröhliches Wiedersehen mit Josephat Sylvand, Exportmanager des Kaffee-Dachverbands KCU. Ich erinnere mich noch gut, wie er uns im Februar 2020 in Wuppertal zu einem Gegenbesuch einlud, kurz vor Ausbruch der Pandemie. Wie schön, dass dieser Gegenbesuch Wirklichkeit geworden ist! Jetzt heißt es „Karibu!“ Das ist Suaheli und bedeutet „Willkommen!“ Unser Standort in den nächsten Tagen wird Bukoba in der Kagera-Region sein. Am Abend erwartet uns bei einem Glas „Serengeti“-Bier ein Vorgeschmack auf unser Safari-Abenteuer für den morgigen freien Sonntag. Da steht ein Tagestrip im Burigi Chato National Park auf dem Programm.


„In the middle of nowhere”

Sonntag, 26.11.2023: Heute heißt es früh aufstehen, denn gegen sechs holen uns Josephat, der Fahrer Yoram und einige andere Vertreter von KCU zu unserem Ausflug ab in den Burigi Chato National-Park im Nordwesten Tansanias, bis 2019 noch ein Wild-Reservat. Mit dabei: Reiseführer William Rutta. Er verspricht uns einen abwechslungsreichen Sonntag und den Ausblick auf Giraffen, Löwen, Flusspferde und Elefanten. Abwechslung werden wir haben – wenn auch etwas anders als gedacht.

In Bukoba stärken wir uns in einem kleinen Café bei einem Frühstück mit Chapati, Hühnersuppe mit Limone, frisch gepresstem Ananassaft und Instant-Kaffee – produziert von Tanica, der Fabrik, bei der KCU Anteilseigner ist.

Auf dem Weg zum Nationalpark kommen wir wieder in die Grenzregion. Reiseleiter William macht uns auf die Ruine einer Kirche am Horizont aufmerksam, die als Mahnmal an den ugandisch-tansanischen Krieg Ende der 1970er-Jahre erhalten geblieben ist. Ugandische Truppen hatten die Kagera-Region annektiert und unter Diktator Idi Amin Gräueltaten begangen. Doch der tansanischen Armee gelang es, die Eroberer zurückzudrängen. „Wie sind die Nachbarschaftsbeziehungen heute?“, will ich wissen. „Sehr gut“, sagt William, was Josephat bestätigt. Die Fakten sprechen für sich: 2000 haben sich die die drei ostafrikanischen Staaten Kenia, Uganda und Tansania zur Wirtschaftsgemeinschaft EAC („East African Community“) zusammengeschlossen. Später sind Kongo, Südsudan, Burundi und Ruanda dem Bündnis beigetreten, das mittelfristig auch eine Währungsunion anstrebt. Offensichtlich gilt auch hier der Grundsatz „Wandel durch Handel.“

Wir fahren weiter Richtung Nationalpark, bestaunen die Steppenlandschaft und das Spiel der Wolken. Hin und wieder kommen uns Menschen in traditionellen farbenprächtigen Umhängen entgegen, keine Massai, wie Josephat betont. Massai tragen eher auffälligen Kopfschmuck wie große Ohrringe und sind in der Serengeti zuhause.


Der Eingang zum Nationalpark ist nur durch ein paar unscheinbare Schilder erkennbar. Jetzt geht’s stur die Piste entlang und schon bald kreuzt ein Schuhschnabel unseren Weg. Es folgen Giraffen, Zebras und Antilopen. Im Hintergrund der Burigi-See. Allen Anschein nach sind wir ganz allein in diesem großen Park. Es rumpelt und pumpelt, was Reiseleiter William selbstironisch als „African massage“ kommentiert. 

Und schon bald ist es mit der Idylle vorbei – wir bleiben im Schlamm stecken. Die Männer versuchen mit vereinten Kräften, den Hinterreifen aus dem Morast zu befreien, immer wieder, jeder Neustart läuft ins Leere. Leider haben wir keinen Empfang, sind „in the middle of nowhere“, wie Franziska nüchtern feststellt. „No worries“, so der lakonische Kommentar der Männer, auch wenn ihnen die Schweißperlen auf der Stirn stehen. 

Nach drei Stunden ist es endlich geschafft. Wir können uns aus dem „Schlam(m)assel“ befreien und am Burigi-See unser verspätetes Mittagspicknick genießen. Doch es soll nicht bei einer Herausforderung bleiben. Auf unserer weiteren Fahrt sehen wir uns einer völlig überfluteten Piste gegenüber. Da hilft nur Augen auf, aufs Gaspedal treten und durch. Denn es geht nur geradeaus weiter. Gegen Dämmerung verlassen wir den Park und kommen abends mit dreistündiger Verspätung, aber wohlbehalten wieder im Hotel an.

Besuch bei KCU in Bukoba – hier wird „Kagera Instant“ produziert

Montag, 27.11.2023: Heute besuchen wir die Zentrale von KCU in Bukoba. Nach einem Arbeitsgespräch im Verwaltungsgebäude besichtigen wir die Tanica Factory, die Kaffeebohnen zu Instantkaffee verarbeitet, 75 Prozent Arabica aus der Region Kilimanjaro und 25 Prozent Robusta aus der Kagera-Region. 

Die Produktion begann 1967 und KCU ist hier mit rund 61 Prozent Anteilseigner. Hier wird auch der lösliche „Bio Kaffee Kagera“ der GEPA als Halbfertigprodukt hergestellt. So bleibt mehr Wertschöpfung im Anbauland. Laut KCU ist dies die einzige Fabrik in Ostafrika, die Kaffeebohnen zu Instantkaffee verarbeitet. Insgesamt werden 500 Tonnen Instant-Kaffee pro Jahr produziert, 40 Prozent für Tanica selbst und 60 Prozent für andere Kunden.


Doch gerade stehen die Maschinen still, da die Erntezeit schon vorbei ist. Ein paar Produktproben erhalten wir geschenkt, politisch korrekt eingepackt in einer Tasche aus Baumwoll-Krepp, denn nach Kenia und Ruanda hat 2019 auch Tansania ein Plastiktüten-Verbot erlassen. Bei Verstößen drohen hohe Geldstrafen.

Wir besichtigen auch die Weiterverarbeitungsanlage für Rohkaffee. Das Dach des Gebäudes konnte mit Fairtrade-Prämien erneuert werden. Der Export des Rohkaffees schlüsselt sich so auf: KCU exportiert rund 30 Prozent an den Fairen Handel; 70 Prozent wird über die Kaffeebörse in Moshi an den konventionellen Handel verkauft.


Ein Vorzeige-Projekt ist auch das neue moderne und lichtdurchflutete Kongresszentrum, das die Mitglieder unter anderem für ihre Jahresversammlung nutzen können. Im Januar soll es offiziell eröffnet werden. Es wurde mit Fairtrade-Prämien finanziert; umgerechnet rund 200.000 Euro hat es gekostet. KCU möchte es auch an andere Organisationen vermieten und so weitere Einnahmen generieren.

Der Arbeitstag klingt gegen 18 Uhr aus. Morgen steht wieder ein Besuch bei Basis-Kooperativen an. Wir werden auch das Lehmofen-Projekt besichtigen, eine Kooperation mit dem kirchlichen Kompensationsfonds Klima-Kollekte. Darauf bin ich schon sehr gespannt.

An der Basis: Einblick in die Arbeit der Mitglieder von KCU 

Dienstag, 28.11.2023: Bevor es heute zu verschiedenen Basisgenossenschaften geht, machen wir einen Stopp bei einem Zwischenlager von KCU. Vor uns viele Stapel Kaffeesäcke mit der Aufschrift „KCU“ und „For export only“. Von hier aus wird der Rohkaffee nach Tanga oder Daressalam transportiert. Das Dach des Kaffeelagers wurde ebenfalls mit Fairtrade-Prämien erneuert.

„Bujugo Primary Society“

Weiter geht es zur „Bujugo Primary Society“. Die Mitglieder erheben zur Begrüßung den Arm und heißen uns mit einem kraftvollen „Ushirika!“ willkommen. Das heißt „Genossenschaft“ auf Suaheli und soll das Zusammengehörigkeitsgefühl der Mitglieder betonen. Franziska tauscht sich mit Josephat und dem Vorsitzenden über die hohen Robusta-Qualitäten aus. Dann zeigt man uns die Weiterverarbeitung. Der Motor des Entpulpers fängt an zu rattern. In den grünen Trichter werden Kaffeekirschen eingefüllt, das Fruchtfleisch wird von den Kaffeekernen getrennt. 

Doch auch handwerkliche Sorgfalt spielt eine Rolle, wie unsere Gastgeber am Beispiel von anderen Kaffeekernen zeigen, an denen noch Reste von getrocknetem Fruchtfleisch kleben. Wie die Handarbeit aussieht und warum Sorgfalt dabei so wichtig ist, zeigt die Bildergalerie:


Lehmöfen: schneller kochen und CO2 einsparen

Schon seit 2021 finanzieren wir energieeffiziente Öfen bei KCU in Kooperation mit dem kirchlichen Kompensationsfonds Klima-Kollekte. Für die Jahre 2023 und 2024 sind nach dem Entwicklungsplan von KCU 1.108 weitere Lehmöfen geplant. 1.078 sind schon an die Basiskooperativen verteilt worden, allein 430 an die Bujogo Primary Society. 

Für die Herstellung gibt es eine einfache Form mit zwei Henkeln, in die Lehm eingefüllt und moduliert wird. Die Form bleibt erhalten und der Lehm trocknet an. Vorne gibt es eine Öffnung, die mit einer Klappe geschlossen werden kann. 

Umgerechnet 5,80 Euro pro Stück kostet die Herstellung eines Lehmofens. So können Mitglieder mit der Produktion zusätzliches Einkommen erzielen. An die Frauen wird der Ofen kostenfrei verteilt werden – als niedrigschwelliges Angebot. 

Früher haben sie mit Holzscheiten an offenen Feuerstellen das Essen gekocht. Heute verwendet man getrocknetes Unkraut. Mit den neuen Lehmöfen reduzieren sie den Ausstoß von CO2 und die Kochzeit von drei Stunden auf eine Stunde. Das schützt auch die Gesundheit. Denn der beißende Rauch geht stark auf die Bronchien; das spüren wir am eigenen Leib, als wir die Hütte von Judith Emanuel betreten. Sie präsentiert uns traditionelles Kochen am offenen Feuer und zum Vergleich die Zubereitung auf dem abgasarmen Lehmofen (siehe kleine Galerie unten). Da ist der Lehmofen auf jeden Fall die bessere Alternative!


Katanga Primary Society: Kaffeebauer Mikidadi ist stolz auf seine gute Ernte

Wir brechen auf zu weiteren Stippvisiten bei den Basisgenossenschaften, auch hier gilt das Begrüßungs-Zeremoniell mit erhobenem Arm, Aufruf „Ushirika!“ mit anschließenden Vorstellungsrunden.

Bei der Katanga Primary Society besuchen wir die Kaffeefarm von Mikidadi. Der üppig bewachsene Mischwald mit Bananenstauden und Manioksträuchern ist ein gelungenes Beispiel für Agroforstsysteme. Auch hier sind an den Kaffeebäumen nur noch vereinzelt rote oder grüne Kaffeekirschen zu sehen. Im Gespräch mit Franziska betont Mikidadi, dass er sehr stolz auf seine gute Ernte ist, die erst vor kurzem zu Ende ging. Franziskas Fazit: „Bioanbau ist und bleibt die Zukunft!“

Schon wieder geht ein Arbeitstag mit vielen interessanten Eindrücken zu Ende! Und schon morgen heißt es Abschied nehmen! Asante sana, KCU! Vielen Dank für diesen herzlichen Empfang!

Abschied von Tansania

Mittwoch, 29. November: In der Lobby unseres Kolping-Hotels treffe ich den Geistlichen, der jeden Morgen eine Gospel-Messe im Nebengebäude abhält. Er stellt mir seinen Bruder Honoratus vor, der fast akzentfreies Deutsch spricht. Kein Wunder: Vor vielen Jahren hat er in Wuppertal als Krankenpfleger gearbeitet. Welch ein Zufall! Da kommen fast Heimatgefühle auf.

Gegen Mittag bringen uns Josephat und Yoram zum kleinen Flughafen Bukoba. Eine feste Umarmung zum Abschied und das Versprechen von Josephat, dass wir uns im nächsten Jahr bestimmt wiedertreffen werden, dieses Mal in Deutschland.

Um 16 Uhr heben wir ab zum dreistündigen Flug nach Daressalam. Vielleicht habe ich Glück und kann zumindest von oben einen Blick auf die Serengeti erhaschen. Aber nein, die Wolken und die Dämmerung schieben sich dazwischen. Was soll’s. Die vielen inspirierenden Eindrücke der letzten Tage lassen so manche Jugendträume in den Hintergrund treten.

Flughafen Daressalam, 19 Uhr: Wir steigen die Gangway zum Rollfeld hinab, noch ein letztes Mal schwül-warme Luft einatmen. Das Flughafengebäude ist weihnachtlich geschmückt und wir schauen, dass wir unsere letzten tansanischen Schilling an den Mann und an die Frau bringen. Um Mitternacht geht es über Amsterdam zurück nach Düsseldorf. Kwaheri Tansania! Ja, Wiedersehen wäre schön.

Tansania feiert übrigens im November 2024 sechzigjähriges Bestehen. Die vereinigte Republik ist aus Tanganyika und dem Inselstaat Sansibar entstanden, was sich auch im Namen spiegelt.

Mit intensiven Eindrücken im Gepäck

Donnerstag, 30. November: Flughafen Düsseldorf, 9 Uhr. Auch hier alles im vorweihnachtlichen Glanz. Mein leuchtend-roter Koffer kommt mir sehr schnell auf dem Gepäckband entgegen und die S-Bahn gen Heimat lässt nicht lange auf sich warten. Wuppertal begrüßt mich freundlich bei sonnigem, aber klirrend-kaltem Wetter. Alles so weit weg, wenn ich an die intensiven Eindrücke der letzten Tage denke. Und jetzt wieder ganz nah. Deutschland hat mich wieder!

Stand 07/2024

WEITERE INFORMATIONEN

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 | Foto:  | Foto:  | Foto: GEPA - The Fair Trade Company/C. Nusch

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KCU: GEPA-Kaffeepartner seit 1993

In unserer Handelspartner-
darstellung stellen wir unseren langjährigen Kaffeepartner KCU ausführlich vor.

 | Foto: GEPA - The Fair Trade Company

Klimaschutz

GEPA-Kaffee: Besser fürs Klima

Wie wir auf allen Ebenen daran arbeiten, unsere Kaffees noch klimaschonender zu produzieren.

ACPCU Kaffeekirschen mteas