Im Juli 2016 habe ich unsere Einkaufsmanagerin Silvia Kurte zu unserem Kakaopartner COOPROAGRO in die Dominikanische Republik begleitet. Heute lernen wir einige Genossenschaftsmitglieder und ihre Familien kennen. Wir sehen, welche Projekte sie durch den Fairen Handel umsetzen konnten - und ich habe das erste Mal echte Kakaobäume um mich.
Maniokwurzel und Kochbanane zum Frühstück, dazu ein starker Kaffee und frischer Limettensaft – es kann losgehen!
Als erstes besuchen wir heute die beiden Brücken in Cuaba und Chinguelo. In der Regenzeit können Flüsse hier unüberwindbar werden, weil sie so weit über die Ufer treten. Kinder kommen dann nicht zur Schule, Kranke nicht in die Klinik. So zum Beispiel in der Gemeinde Cuaba. Hier ist gerade eine neue Brücke fertiggestellt worden.
Exportmanager Francisco Soto erzählt uns die Geschichte dazu: „Der Staat hatte den Bau abgelehnt, weil er zu teuer sei. Acht bis neun Millionen Pesos* hatte die Regierung dafür veranschlagt. Die Mitglieder des Distrikts haben daraufhin entschieden, die Fair Handelsprämie dafür zu nutzen – und das Projekt für 2,5 Millionen Pesos umgesetzt.“
Kakaobauer Cleotilde Garcia Luna ergänzt: „Der Vorschlag der Regierung war, 80 Familien auf die andere Flussseite umzusiedeln.“
Schon seit ein paar Jahren fertig, aber nicht weniger wichtig ist die Fußgängerbrücke bei Chinguelo – hier kreuzen sich gleich drei Flüsse:
Die Bauern selbst! Bei COOPROAGRO sind die Mitglieder in 21 Unterdistrikte aufgeteilt. Einmal im Jahr treffen sich die Mitglieder in ihrem Distrikt und bekommen von den Agrartechnikern, z. B. von unserem Begleiter Nicolas Ortiz, eine Schulung zum Fairen Handel. Bei einem zweiten Treffen bringen sie Vorschläge ein, was mit dem Geld passieren soll, und stimmen darüber ab.
Angel Marcial Jimenez sieht viele Vorteile in der Genossenschaft – ein Beispiel: „Am Ende des Jahres erhalten wir einen Teil des Gewinns. Wenn ich an Zwischenhändler verkaufen würde, bekäme ich am Ende des Jahres nichts mehr.“
Ramon Garcia ist Anfang 30 und Präsident seines Distrikts. Die Mitglieder haben bewusst einen jüngeren Präsidenten gewählt, um ihren Nachwuchs zu fördern. Er findet die Hinterbliebenenhilfe sehr wichtig, die COOPROAGRO seinen Mitgliedern anbietet.
In der Bildergalerie lernen Sie einige Bauern aus Chinguelo, Cuaba und Umgebung kennen – unter anderem Elpidio Hernandez, den Sie vielleicht schon von einigen unserer Schokoladen kennen?
Meine Kollegin Silvia Kurte spricht mit den Produzenten selbst und auch in der Zentrale über die Löhne von Saisonarbeitern. Die Mitglieder von COOPROAGRO stellen hierfür Nachbarn, Familienmitglieder oder Bekannte ein – und nicht etwa Billigarbeitskräfte aus Haiti, die in der Landwirtschaft der Dominikanischen Republik häufig ausgebeutet werden.
Pro Tag bekommen die Saisonarbeiter bei den Mitgliedsbauern von COOPROAGRO 700 Pesos* am Tag, statt wie gesetzlich vorgeschrieben 365. Facharbeiter, die den Baumschnitt beherrschen, erhalten 1.000 Pesos pro Tag.
Frühstück und Essen auf dem Feld sind dabei inbegriffen. Hat ein Arbeiter einen Unfall, ist der Bauer laut Vertrag mit COOPROAGRO dazu verpflichtet, Soforthilfe zu leisten, z. B. offene Wunden zu behandeln und die weiteren Kosten der medizinischen Versorgung zu übernehmen.
Zum Mittagessen sind wir bei Rafael Hidalgo und seiner Frau Isabel Heraldino eingeladen. Er war einer der Gründungsmitglieder der Vorvorgängerorganisation von COOPROAGRO. Seine Frau hat ein reichhaltiges Büfett zubereitet mit Avocado, Salaten und dem Nationalgericht Reis mit Bohnen und Hühnchen.
Wir sitzen in einer Laube im Garten, unter meinem Stuhl schläft ein Hund, zwischendurch gackern ein paar Hühner. Um uns herum die vielen Obstbäume: Kokosnuss, Banane, Papaya, Limette, Orange… Zum Nachtisch bekommen wir eine frische Kokosnuss zum Austrinken und Essen.
Eindrücke sehen Sie in der Bildergalerie:
Nach einem herzlichen Abschied von Familie Hidalgo fahren wir weiter zu Agustina Jose Mercedes. Ihr Haus hat der Distrikt komplett aus den Geldern des Fairen Handels finanziert. „Wir sind vor zwei Monaten eingezogen“, sagt sie.
Das Projekt ist von der Gemeinschaft aus als Vorschlag in die Versammlung eingegangen – und wurde mit Mehrheit angenommen. Vorher lebte die ärmste Familie des Distrikts zu sechst in einem sehr kleinen Haus.
Dass hier der Genossenschaftsgedanke so konsequent gelebt wird, beeindruckt und berührt mich sehr.
Unsere letzte Station für heute ist das Aufkaufzentrum in El Cercado. Hier begrüßt uns die Chefin Yinet Almánzar. „In der Haupterntezeit kommen hier bis zu 500 Quintales** Kakao pro Tag an“, berichtet sie.
Wenn Aufkaufzentren wie dieses hier noch mehr Kapazitäten zum Fermentieren hätten, könnte das eine Lösung für das Sanchez-Problem sein.
Nach dem zweiten Tag bin ich voller Eindrücke – und habe ein sehr positives Gefühl. Die Energie, die von vielen Mitgliedern ausgeht, dass sie selbst Probleme anpacken, auch wenn zunächst vom Staat keine Unterstützung kommt – das finde ich mehr als beeindruckend. Denn wer schon mal selbst in einem Verein o. ä. mitgearbeitet hat, weiß, wie schwierig es sein kann, Initiative zu wecken und Entscheidungen in Gruppen zu treffen.
Meine Kollegin Judith Kolb ist ebenfalls fasziniert: „Wie viel Arbeit im Fairen Handel steckt, die man zunächst nicht sieht! Zum einen die Arbeit am Kakao selbst und auf dem Feld, zum anderen die gemeinsamen Projekte und die genaue Dokumentation. Ich bin sehr froh darüber, dieses Land nicht als Touristin kennengelernt zu haben.“
Begleiten Sie uns weiter – in Teil 3! Morgen sehen wir u. a., wie sich COOPROAGRO vor Ort vernetzt und z. B. eine staatlich betriebene Klinik unterstützt hat oder mit einer Frauengruppe zusammenarbeitet.
*ca. 50 Dominikanische Pesos entsprechen einem Euro
** 1 Quintal entspricht ca. 50 Kilogramm
Stand 08/2016
Von der Poliklinik, über Strom und Wasser für die Gemeinde bis hin zum kleinen Dorfladen: Die Gemeinde Loma de Jaya ist ein Beispiel dafür, wie vernetzt Cooproagro arbeitet. Und vielleicht erkennen Sie auch jemanden wieder?
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