Auf den Spuren fairen Kakaos

Zu Besuch bei den Genossenschaften
KONAFCOOP und CECAQ-11

Nach Kamerun und Sao Tomé geht die Reise unserer Produktmanager Hildegard Fuchs und Stephan Beck. Gemeinsam mit Assistentin Silvia Kurte besuchen Sie die Kleinbauern-Kooperativen KONAFCOOP und CECAQ-11, mögliche Kakao-Partner für die GEPA. (Inzwischen sind die beiden Genossenschaften GEPA-Partner - Anm. d. Red. 2013)

Hildegard Fuchs, GEPA-Produktmanagerin u. a. für Schokolade, hält Sie mit ihrem Reisetagebuch auf dem Laufenden.


Reisen Sie mit nach Kamerun:

Reisen Sie mit nach São Tomé:

 

 

Mittwoch, 16. März

Ein erschreckender Anblick: Immer wieder brandgerodete Wälder.Hildegard Fuchs

Ankunft Douala International Airport. Wir haben die Glitzerwelt der europäischen Flughäfen hinter uns gelassen und stehen im International Airport, der eine einzige staubige Baustelle ist.

Vorbei an gerodeten Waldflächen...

Außerhalb werden wir von einem Fahrer der Kooperative KONAFCOOP erwartet, der uns nach Kumba bringen soll. Die ersten eineinhalb Stunden fahren wir hauptsächlich an Kautschuk-, Bananen und Ölpalmenplantagen vorbei. Dazwischen immer wieder langgestreckte brandgerodete ehemalige Waldhaine; auch hier sollen Ölpalmen für den Export angepflanzt werden. Der Anblick ist erschreckend. Mit zunehmender Entfernung von Douala und immer schlechter werdender Straße nimmt die Subsistenzwirtschaft zu, wir sehen immer mehr Kakaobäume von der Straße aus.

Wir kommen in Kumba im Süd-Westen Kameruns an, wo wir die nächsten drei Tage übernachten werden. Kumba ist laut und staubig und nicht wirklich ein Ort für Touristen.

 

… über Schotterpisten…

Unser junger Fahrer mit dem schönen Namen Divine fährt – vorsichtig ausgedrückt – gewagt. Es gibt zwar in unregelmäßigen Abständen Beton- oder Erdhügel auf den Straßen, die zum Langsam-Fahren ermahnen sollen. Dies führt aber dazu, dass Divine zwischen diesen Geschwindigkeitsbegrenzungen verstärkt Gas gibt, um dann im letzten Moment sehr abrupt abzubremsen. Es gilt – wie fast überall – das Gesetz der Stärkeren. Die Hupe ist ständig brüllend-laut im Einsatz. Die Straße von Kumba nach Konye ist eine Schotterpiste, mit Geröll und Kratern von Löchern und immer anderen Geschwindigkeitsbegrenzungen. So ist die Fahrt ist eine einzige Schüttel- und Rüttelpartie.

… durch kleine Dörfer

Wir befinden uns richtig auf dem Land. Die Fahrt führt durch kleine Dörfer mit ärmlichen zusammen gezimmerten Holzhütten. Kinder stehen am Straßenrand und rufen „White man“ bei unserem Anblick und wir winken uns zu. Größere Kinder sind auf dem Weg zur Schule. Sie tragen blaue Schulkleidung. Frauen und Männer sitzen vor ihren Hütten, frisch gewaschene Wäsche hängt an der Leine, am Straßenrand stehen Körbe mit Papayas, Kochbananen oder Yam-Wurzel zum Verkauf. Die Menschen hier sind Kleinstgewerbetreibende. Sie hoffen auf Käufe der Passanten.

Frauen und Männer sitzen vor ihren Hütten, am Straßenrand stehen Körbe mit Papayas ...Hildegard Fuchs

Immer wieder treffen wir auf mobile Tankstellen: Auf einfachen Bambusgestellen stehen mit Benzin gefüllte Plastikflaschen in verschiedenen Größen. Ein Motorrad wird getankt mithilfe eines Trichters.

Ein stehendes Gewässer am Rande eines Dorfes: Männer waschen dort ihre Autos, ihre Frauen nebenan die Wäsche. Die Natur ist (noch) intakt und reichhaltig: Wälder mit Kakaobäumen, Ölpalmen, Papayabäumen, riesigen Bambussen in enormen Höhen und Ausmaßen, dazwischen Baumriesen mit 40 bis 50 Metern Höhe. Immer wieder auch kleinere Flächen, die brandgerodet sind. Dies erfolgt insbesondere vor der Regenzeit.

Menschen unterwegs: Frauen mit Kurzschaufel über der Schulter, Männer und Frauen mit schwer beladenen Körben auf dem Rücken, Frauen bei der Feldarbeit, Männer mit Holz beladen, größere Kinder mit Geschwisterkindern auf dem Rücken, Motorräder mit drei oder vier Leuten, Polizeikontrollen: Mit einem Seil, das der Polizist über die Straße gespannt hält, zwingt er zum Anhalten. Oder er lässt das Seil los für eine unbehinderte Durchfahrt.

Donnerstag, 17. März 2011

Erstes Treffen

Wir treffen erstmals auf die Mitglieder-Vertretung von KONAFCOOP, den Präsidenten und acht weitere Vertreter, darunter zwei Frauen.

Es folgt ein strikter Sitzungsablauf, den wir in den nächsten Tage noch öfter auf den Bauernversammlungen erleben werden: Das Treffen beginnt mit einem Gebet, die Teilnehmenden danken Gott und bitten um eine gute und erfolgreiche Sitzung.

Danach ergreift der Präsident zur Eröffnung das Wort, anschließend spricht der Manager und stellt die Kooperative vor, danach präsentiert Produktmanager Stephan Beck die GEPA und den Fairen Handel. Nach einer angeregten Diskussion und Klärung von offenen Punkten beendet der Präsident die Sitzung nach zirka zwei Stunden.

 

Freitag, 18. März 2011

Wir treffen wieder die Mitglieder-Vertretung. Im Office sitzen wir zusammen und schauen uns den Schokoladenfilm der GEPA an. Die Vertreterinnen und Vertreter betrachten die Bilder aus der Elfenbeinküste belustigt und mit großem Interesse. Ich zeige ihnen unsere Schokolade und reiche eine Tafel zur Verkostung herum. Die Begeisterung ist groß und sie lassen sich die Süßigkeit schmecken. Asek, der aufgrund seiner Position von allen Mitglieder der Kooperative stets „the manager“ genannt wird, bringt zum Vergleich einen heimischen Schokoriegel mit, den wir als alt und sandig empfinden. Kein Vergleich zu unserer Schokolade.

Große Versammlung

Am Nachmittag nehmen wir an einer Versammlung mit den Bauern und Bäuerinnen der Kakao-Kooperative teil. Sie sitzen wie in einer Schulklasse da, aus der Versammlung wird eine Schulung. Es ist sehr beeindruckend: Asek hat viel Charisma und eine unglaubliche Gabe, die Leute zu motivieren und mitzunehmen. Oft antworten sie ihm im Chor auf die Frage „are you with me?“ mit „yes“ oder „no“. Die Bauern sind sehr offen und interessiert, dazwischen legen manche ihren Kopf auf den Tisch und schlafen auch ein; es ist heiß und feucht und die Versammlung ist auch ermüdend.

Diese Weißen haben einen weiten Weg auf sich genommen - das zeigt, wie wichtig wir ihnen sind.Asek "the manager"

Der Verantwortliche für das Kakao-Lager dieses Bezirks läuft durch die Reihen und gibt jedem Schlafenden oder Unaufmerksamen einen Klaps auf den Kopf oder die Schulter. Es geht ein Ruck durch die Leute und sie sind mit ihrer Aufmerksamkeit wieder bei uns. Asek sagt ihnen: „Seht her, diese drei Weißen haben den weiten Weg von Deutschland nach Konye auf sich genommen, sie haben Geld dafür bezahlt uns hier zu treffen. Dies zeigt, wie wichtig wir ihnen sind.“

Die Bauern und Bäuerinnen sind begeistert. Nach Stephans Präsentation der GEPA und des Fairen Handels informiere ich über Schokolade und den Kakao und erzähle, dass wir bei Neudruck der Verpackungen den Namen ihrer Kooperative KONAFCOOP und ein Handelspartner-Foto integrieren. Das gefällt ihnen.

 

Das erste Mal Schokolade

Ich habe (leider nur) eine Tafel Schokolade mitgebracht. Sie ist erwartungsgemäß auch trotz zusätzlicher Verpackung sehr weich geworden. Wie sollen wir diese nun verteilen? Die Bauern sind aufgeregt und freuen sich. Der Lagerverantwortliche besorgt einen Löffel, geht durch die Reihen und gibt den Bauern auf ihre geöffnete Hand einen Klecks weicher Schokoladenmasse. Es kommt richtig Stimmung auf und die Schokolade schmeckt. Viele haben hier erstmals das Endprodukt Ihrer Kakaobohnen gesehen und gegessen.

Zum Schluss sind alle total happy: Wir sind Freunde geworden! Es wird irre süße Limonade, Bier und Palmwein ausgeschenkt. Als wir gehen, müssen wir unsere Telefonnummern und Visitenkarten verteilen. Alle freuen sich, neue weiße Freunde zu haben und bedanken sich für unser Kommen. Eine sehr herzliche und berührende Szene!

Bevor wir die Versammlung verlassen, stellen wir uns noch zum Familienfoto zusammen. Danach geht es zurück nach Konye ins Office von KONAFCOOP. Dort haben Frauen wieder ein leckeres Essen zubereitet: Yam-Wurzel, Kochbananen (plantains), würziges Gemüse und Fleisch. Nach dem Essen, es ist bereits dunkel geworden, bringt uns Divine zurück nach Kumba.

 

Samstag, 19. März

Kurz nach acht Uhr geht es wieder los ins Office. Wir besuchen die „nursery“: Die Kakaobaumschule der Kooperative KONAFCOOP pflegt hier mehr als 100.000 Jungpflanzen in verschiedenen Stadien, die an die Bauern verkauft werden.

Kakao-Baum-Babys und anstrengende Arbeit

Wir sind ganz begeistert, die zehn Tage alten Pflanzen zu sehen; hier kommt aus der geöffneten Kakaobohne der junge Trieb hervor – ein sehr schönes Bild.

Wir fahren mit den Mitglieder-Vertretern zur Kakaofarm eines Mitglieds. Wir laufen tief in den Wald hinein, bis wir beim Kakao angelangen. Die Vorstellung, dass die Bauern den Kakao hier mitten im Wald ernten und die Schoten öffnen, um dann die nassen Bohnen den ganzen Weg zurück zum Bauernhaus zu transportieren, bringt uns in Schwitzen. Es wird deutlich, wie mühsam die Arbeit ist!

 

Schlamm im Auto

Die Fahrt zurück bringt unser Auto fast ins Straucheln: wir stecken in einem mit Wasser gefüllten Kraterloch fest. Divine gibt Gas, lässt den Motor aufheulen, fährt zurück und vor. Das braune Schlammwasser spritzt hoch und läuft ins Auto, aber er schafft es aus dem Loch hinaus und wir stehen wieder auf trockenem Boden. Wir halten an und warten ab, bis das Wasser wieder aus dem Fahrzeug gelaufen ist.

Mit der Regenzeit, die pünktlich Mitte März begonnen hat, verwandelt sich die Schotterpiste in einen einzigen Morast. Im Juni/Juli können die Menschen häufig nicht aus ihren Dörfern kommen, weil die Straße nicht mehr befahrbar ist. Dann sind sie gänzlich von der Außenwelt abgeschnitten.

Wir haben voneinander viel gelernt.Hildegard Fuchs

Am Nachmittag findet nochmals einen Bauernversammlung statt, in einem anderen Bezirk. Es läuft ganz ähnlich wie bei der letzten Versammlung. Es wird angeregt gefragt und diskutiert.

Nach zirka zweieinhalb Stunden ist sie zu ende und wir laufen zurück ins Office zur Abschlussrunde mit der Mitglieder-Vertretung. Alle sind zufrieden über den intensiven Austausch, wir haben voneinander viel gelernt. Die Müdigkeit ist den Vertreterinnen und Vertretern anzusehen. Sie haben in dieser Woche nicht nur uns, sondern davor auch weitere Gäste betreut.

Seiltanz auf der Hängebrücke und Abschied von KONAFCOOP

Bevor wir KONAFCOOP verlassen laufen wir gemeinsam durch das Dorf zum Fluss. Hier gibt es zwei Hängebrücken aus weidenrutenähnlichem Pflanzenmaterial. Wir erfahren, dass etwa zwei Drittel der Kakaobauern in den Dörfern jenseits des Flusses leben und täglich (!) diese Hängebrücke zu überqueren haben; auch mit schwerer Last auf dem Rücken!

Wir gehen ein Stück über die schwingende Brücke (unmöglich für Menschen mit Höhenangst) bis uns der Präsident auffordert umzukehren - er ist besorgt um uns. Wir erfahren, dass es hier auch zu tödlichen Unfällen kommt, weil Menschen von der Brücke in den Fluss stürzen und dabei ertrinken.

Zurück im Office fängt es an regnen. Es schüttet wie aus Kübeln. Wir verabschieden uns ein letztes Mal und fahren zurück nach Kumba.Am Montag geht es weiter nach Sao Tomé! Wir melden uns wieder, sofern wir eine entsprechende Internetverbindung haben.

Ihre Hildegard Fuchs, Produktmanagerin für Processed Food

GEPA – The Fair Trade Company


Montag, 21. März 2011

Beim Anflug auf São Tomé sehen wir mehrere Schiffswracks aus dem Atlantik ragen.Hildegard Fuchs

Von Douala aus geht unsere Reise weiter nach Sao Tomé e Principe, einem kleinen Inselstaat. Er besteht aus zwei Inseln, die Kamerun vorgelagert und ehemalige portugiesische Kolonien sind.

Wir fliegen mit einer privaten Fluglinie, die in Europa nicht akkreditiert ist. Es ist die einzige Möglichkeit, auf die Insel zu gelangen. Unsere Maschine ist eine 25 Jahre alte Dornier 228 mit 19 Sitzen; eine robuste Propellermaschine, die besonders für den Busch geeignet ist. Wir sind die einzigen „richtigen“ Passagiere. Außer uns und den beiden Piloten sind noch drei weitere Piloten an Bord, die ihren Flugcheck absolvieren müssen. Wir fliegen knappe anderthalb Stunden.

Beim Anflug auf São Tomé, so heißt auch die Hauptstadt des Inselstaates, sehen wir mehrere Schiffswracks, die aus dem Atlantik ragen. Unsere Landung ist sanft. Es tut unsere Ohren gut, dass die röhrenden Motoren abgestellt werden.

An dem kleinen Flughafen erwartet uns Adalberto, unser Ansprechpartner, der uns ins Hotel bringt.

 

Dienstag, 22. März 2011

Früh um 8.00 Uhr werden wir wieder von Adalberto erwartet. Heute lernen wir die NGO kennen, für die er arbeitet, eine landwirtschaftliche Beratungsorganisation. Außerdem treffen wir den Vorstand der jungen Kooperative CECAQ-11, die erst 2008 gegründet wurde.

Die Amtssprache hier ist Portugiesisch. In den Meetings sprechen wir drei Sprachen: Portugiesisch, Spanisch und Französisch.

Die Armut ist sichtbar

Unterwegs bekommen wir langsam ein Gefühl, wie arm die Menschen hier sind. Die Armut steht in krassem Gegensatz zu der wunderschönen Insel mit ihrer fruchtbaren Erde. Anhand von Schilden lernen wir, dass Taiwan sich hier sehr engagiert und den Aufbau der Infrastruktur mitfinanziert.

Die Insel ist sehr klein und hat einen Umfang von 200 Kilometern. Aufgrund der schlechten Straßenverhältnisse benötigt man für die Strecke allerdings ganze zwei Tage!

Das Stadtbild von Sao Tomé ist geprägt von alten heruntergekommenen kolonialen Bauten.

 

Felder wurden lange vernachlässigt

Später am Nachmittag geht es dann zum Feldbesuch in das Dorf Quimpo.

Der Weg dorthin ist wild „gepflastert“ mit großen Steinen (wer kommt nur auf solch eine Idee?) und unser Wagen schüttelt uns kräftig durch. Wir fahren oder schleichen mitten durch den Wald, an Kakao- und Kaffeepflanzen, Brotfruchtbäumen und vielem anderen vorbei und unerwartet stoßen wir auf ein kleines Dorf. Die Holzhütten sind auf Pfählen gebaut; so haben die Bauern unter den Häusern noch Platz und während der Regenzeit eine trockene Unterkunft. Uns fällt auf, wie abgerissen die Kleidung der Dorfbewohner ist.

Das größte Problem für die Kleinbauern hier sind die Ratten.Hildegard Fuchs

Mit dem Bauer gehen wir weiter durch den Wald zu seinem Kakaofeld. Die Felder sehen hier relativ vernachlässigt aus. Der Ertrag ist mit durchschnittlich 200 Kilogramm pro Hektar auch recht gering Zum Vergleich: in der Elfenbeinküste kann ein Kakao-Bauer durchschnittlich 1.500 Kilogramm Kakao pro Hektar ernten.

Gründe dafür sind, dass bis Mitte der neunziger Jahre alles Land in staatlicher Hand war: Es gab keine Bauern sondern nur Landarbeiter auf Staatsgütern. Die landwirtschaftliche Produktion wurde zudem stark vernachlässigt.

Die Bäume tragen hier noch Früchte in den verschiedensten Farben. Im Gegensatz zu anderen Anbaugebieten ist hier die Kakaofrucht reif, wenn sie gelb ist. Das größte Problem für die Klein-Bauern hier sind die Ratten: Sie fressen sich in die reife Frucht und höhlen sie aus.

Im Dorf sehen wir uns noch die Fermentations- und Trocknungsanlagen der Basisgenossenschaft an. Verschwitzt beenden wir unseren ersten Besuch bei CECAQ-11.

 

Mittwoch, 23. März 2011

Unser zweiter Tag bei der Kooperative CECAQ-11 führt uns zu vier Basisgenossenschaften – mitten im Wald auf zirka 500 Metern Höhe. Der Weg dorthin ist schmal und sieht für uns aus wie ein spannender Wanderweg. Auf diesem „Wanderweg“ wird der Kakao ins Zentrallager der Kooperative transportiert.

Ein Dorf in Lethargie

Nach etwa einer Stunde holpriger und wackeliger Fahrt kommen wir in Claudino Faro an. Das Dorf und seine Bewohner sind in einem erschreckenden Zustand. Die Hütten sind sehr heruntergekommen, die Kleidung der Menschen äußerst abgerissen, die Kinder mit laufenden Nasen auf der Dorfstraße, dazwischen eine magere Herde Schafe. Es herrscht eine große Lethargie unter den Bewohnern hier, wir sehen stumpfe und misstrauische Blicke. Kein Lächeln im Gesicht, keine freudige Begrüßung. (Dies soll sich im Laufe unseres Besuches zum Glück noch ändern.)

Es scheint, als ob die Menschen hier keinerlei Möglichkeiten haben, sich über Hygiene zu informieren. Manche Kinder haben aufgrund von Mangelernährung (Eiweißmangel) einen aufgeblähten Bauch. Wir sind zutiefst betroffen und schockiert!

Dieses Bild wird sich im Laufe des Tages bei den anderen Basisgenossenschaften wiederholen.

Nur vier Jahre Schule

Sao Tomé war 500 Jahre portugiesische Kolonie. Die Insel war ein Umschlagplatz für den Sklavenhandel und fungierte darüber hinaus als Strafgefangenenlager für Portugal. Sao Tomé ist erst seit 1975 unabhängig. Die Bauern haben erst Mitte der 90er Jahre einen Landtitel erhalten. Davor haben sie als abhängige Landarbeiter auf Staatsbetrieben gearbeitet.

Das durchschnittliche Jahreseinkommen beträgt 1132 US-Dollar, ein Lehrer verdient monatlich etwa 220 Euro und liegt damit über dem Durchschnittsverdienst.

Nur wer Familie in der Stadt hat, könnte es sich leisten, die Kinder in die höhere Schule zu schicken.Hildegard Fuchs

Die Kinder hier oben im Wald gehen nur vier Jahre zur Schule, da die nächste Höhere Schule zu weit weg ist. Nur wer Familie in der Stadt hat, könnte es sich leisten, die Kinder zu den Verwandten zu schicken, damit sie die höhere Schule besuchen könnten.

Diese Menschen haben zweifelsohne die Unterstützung durch den Fairen Handel nötig!

Wir erfahren, dass eine Schwierigkeit in der Motivation der Menschen liegt, da die Lethargie weit verbreitet ist aufgrund der mangelnden Perspektiven. Wir erfahren aber auch, wie froh die Bauern der Kooperative sind: Nicht nur, weil sie mehr Geld verdienen und kleine Verbesserungen ihrer Lebensumstände erreichen, sondern auch, weil sie zum ersten Mal gemeinsam als Gruppe arbeiten und deshalb nicht mehr alleine sind.

Der Aufkäufer wird wütend und schreit uns an.Hildegard Fuchs

Coyote auf Pirsch

Unterwegs versperrt uns ein Traktor mit Anhänger den Weg: Der private Aufkäufer für nassen Kakao ist unterwegs. Bauern, die nicht zur Kooperative gehören, stehen mit ihrer Ware am Wegrand und verkaufen diese an den Aufkäufer. Er hat gerade seinen Preis etwas angezogen, da er langsam die Konkurrenz der Kooperative zu spüren bekommt.

Später, in einem anderen Dorf, kommt der Aufkäufer uns wieder entgegen. Silvia, unsere Fotografin, schießt schnell ein Bild. Der Aufkäufer wird wütend und schreit uns an.

 

Die Bauern von CECAQ

Wir laufen zur Kakaoverarbeitungsstation des Dorfes. Jeden Mittwoch kauft die Basisgenossenschaft hier den nassen Kakao ihrer Mitglieder auf. Diese kommen, mit Plastikeimern voller Kakao auf dem Kopf, aus dem Wald gelaufen. Von Maria Esperanza hören wir, dass sie mit ihrer Last einen Fußweg von einer Stunde hinter sich hat!

Sie schütten ihren Kakao auf den ausgebreiteten Plastikplanen auf dem Boden aus und lesen Fremdkörper aus. Danach wird der Kakao gewogen und in die Fermentationskiste geschüttet. Diese wurde zuvor von einem anderen Bauern vorbereitet: Der Innenraum der Holzkiste ist mit frisch geschnittenen Bananenblätter ringsum ausgelegt.

 

Die Bauern bekommen einen Vorschuss für den abgegebenen Kakao. Es kommen immer mehr Bauern und Bäuerinnen mit ihrer Ernte. Sie erwarten in diesem Jahr einen besseren Ertrag, weil die Bäume bereits früh reife Früchte tragen. Im letzten Jahr konnten sie erst im April mit der Ernte beginnen.

Fix und fertig

Nach dem Besuch des vierten Dorfes sind wir fix und fertig. Die schwüle Hitze, die vielen Eindrücke, die erschreckende Armut sowie die vielen Gerüche – Verwesung, Exkremente, Fermentation und andere – fordern ihren Tribut: Wir wollen nur noch in Ruhe die Erlebnisse und Begegnungen dieses Tages verarbeiten.

Donnerstag, 24. März 2011

Heute früh soll es um 7.00 Uhr losgehen. Wir sind startklar, müssen aber noch eine Dreiviertelstunde auf unseren Fahrer warten. Das Wetter ist trübe, über dem Meer können wir die Blitze sehen. Ob es wohl regnen wird? Wir fahren heute in das Dorf Pedroma. Dort ist die Gemeinde noch kein Mitglied von CECAQ-11, möchte es aber werden.

Ein wunderschönes Kinderlied

Die Kakaopflanzungen sehen gepflegt aus. Die Häuser sind um eine große Grasfläche gebaut; das Dorf wirkt dadurch größer und offener. Auch die Menschen hier haben einen offenen Blick und erwarten uns neugierig.

Von einem alten verfallenen Gutshaus aus der Kolonialzeit stehen nur noch die Fassade und die Eingangstreppe, auf der sich Ziegen tummeln, ein bizarrer Anblick.

Aus einem Fenster dringt Gesang: hier ist der Kindergarten von Pedroma. Die Erzieherin bittet uns herein. In einem kleinen etwa zehn Quadratmeter großen einfachen Raum sitzen 16 Kinder zwischen drei und fünf Jahren am Tisch. Der Kindergarten ist kostenlos, die Erzieherin wird vom Staat bezahlt. So können die Eltern kleiner Kinder unbesorgt aufs Feld. Die Kinder stellen sich im Kreis auf und singen für uns ein Lied. Wir bedanken und verabschieden uns.

Verregnetes Treffen unter dem Baum

Draußen sind unter einem Baum ein kleiner Tisch und fünf Hocker aufgestellt. Die Bauernversammlung beginnt. Während wir vorne sitzen dürfen, stehen alle Bauern und Bäuerinnen. Nach der offiziellen Begrüßung durch den Dorfvorsteher und den Manager von CECAQ-11 präsentiert Stephan die GEPA. Plötzlich fängt es an zu regnen. Aus den anfänglichen Tropfen wird ein strömender Regen. Die Gemeinde diskutiert: Wo soll die Versammlung fortgesetzt werden?

Der Regen trommelt lautstark aufs Wellblechdach.Hildegard Fuchs

Zunächst steuern wir ein Haus an, aber als wir fast da sind wird der Vorschlag verworfen. Es ist zu klein. So wird beschlossen in die Schule zu gehen, die am Rande des Dorfes liegt. Dort haben (fast) alle Platz. Manche stehen draußen vor den vergitterten Fensteröffnungen. Da das Dach der Schule aus Wellblech ist, trommelt der Regen lautstark und wir verstehen unser eigenes Wort nicht. Es ist ein unglaubliches Tohuwabohu! Wir warten bis irgendwann endlich der Regen etwas nachgelassen hat.

Die Bauern und Bäuerinnen hier sind sehr interessiert und motiviert. Nach der Präsentation kommt es zu einer offenen Diskussion. Zu schnell werden wir von unserem Fahrer gedrängt, die Versammlung zu beenden, da bereits ein anderer Termin auf uns wartet. Wir quetschen uns zu siebt in unseren Pick up und fahren die durch den Regen aufgeweichten holprigen Wege zurück.

 

Lange Abhängigkeit

Die Insel Sao Tomé ist fast komplett fremdfinanziert. Im letzten Jahr wurden nur rund 2.000 Tonnen Kakao exportiert. Kakao ist hier das wichtigste Exportgut! Im Gegenzug importiert die Insel fast alles, was zum täglichen Leben benötigt wird, aus Portugal. Es gibt außer der Landwirtschaft und der Baubranche so gut wie keine Industrie. Die Menschen wurden lange in Abhängigkeiten gehalten und müssen jetzt neu lernen Eigeninitiative zu ergreifen. Wir hoffen, dass der Faire Handel dazu beitragen kann.

Dies war der letzte Tag unserer Reise. Es war eine intensive Zeit voller neuer, interessanter und auch schockierender Eindrücke. Morgen, wenn wir in den Flieger steigen, werden wir Afrika wohl nur äußerlich hinter uns lassen.

Ihre Hildegard Fuchs – Produktmanagerin Processed Food
GEPA – The Fair Trade Company