Auf der philippinischen Insel Panay wurden zwei Mitglieder der Organisation PFTC ermordet und die Mitglieder sind immer wieder Repressionen ausgesetzt.Ihr Kampf um eine gerechtere Welt ist den Mächtigen ein Dorn im Auge – doch für die Bauern ist die Organisation von großer Bedeutung. Auch die Solidarität von Fair Handelspartnern wie der GEPA, lässt sie nicht aufgeben.
„Gerechtigkeit für Romeo Capalla“, ruft Ruth Fe Salditos und streckt die geballte Faust hoch in die Luft. „Hustisya“, auf Deutsch „Gerechtigkeit“, wiederholen hunderte Bananen- und Zuckerbauern, die sich auf der Hauptkreuzung von Iloilo, der Hauptstadt der philippinischen Insel Panay, versammelt haben, und übertönen damit den tosenden Verkehr. Es ist der 15. – wie jeden Monat am 15. treffen sich auch heute die PFTC-Mitglieder und erinnern mit geballten Fäusten öffentlich daran, dass ihr Vorsitzender am 15. Marz 2014 ermordet wurde. Und dass Polizei und Justiz bislang nichts unternommen haben, um die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.
PFTC, das steht für Panay Fair Trade Center, ist seit 1996 ein Handelspartner der GEPA. Das Fair Handelsunternehmen bezieht von der Organisation Bananenchips.
Die Geschichte dieser Handelsbeziehung ist ein wenig anders als sonst: Während sich normalerweise Produzenten zusammenschließen und Absatzmärkte für ihre Produkte suchen, war es bei PFTC anders herum. „Wir waren ursprünglich gar keine Produzenten sondern eine Frauengruppe, die für ihre Rechte gekämpft hat und nie genug Geld dafür hatte”, erinnert sich Ruth Fe Salditos, Vorstands- und Gründungsmitglied von PFTC. „Als dann erste Kontakte zu Fair Handels Organisationen wie CTM geknüpft wurden und sie uns fragten, ob wir Bananenchips nach Europa liefern könnten, da war das eine einzigartige Gelegenheit unsere Bewegung nach vorne zu bringen.” Ruth Fe Salditos erzählt das mit fester, eindringlicher Stimme und obwohl sie leise spricht, zieht sie ihre Zuhörer sofort in den Bann.
Eindrücke von der Demonstration in Iloilo sehen Sie in der Bildergalerie:
Die 54-Jährige war von Anfang an dabei: Sie hat die Organisation mit aus der Taufe gehoben und kämpft seit Jahren gegen alle Widerstände. Und davon gibt es reichlich.
Denn inzwischen geht es bei PFTC längst nicht mehr nur um Frauenfragen, sondern um das wichtigste Thema auf den Philippinen: Die Landverteilung. „Man kann an zwei Händen abzählen welchen Familien die Philippinen gehören. Ihnen gehört das Land, sie haben die Macht und sie machen die Politik. Den Menschen, die darauf die Felder bestellen, gehört fast nichts. Das ist das große Problem der Philippinen. Was wir brauchen ist eine grundlegende Landreform. Dafür kämpfen wir.”
Wer für eine gerechte Verteilung des Landes kämpft, der legt sich mit den Mächtigen an – und lebt gefährlich. Romeo Capalla war nicht das erste Mitglied von PFTC, das ermordet wurde. Es gab willkürliche Verhaftungen, einen Brandanschlag auf die Zuckermühle und Ruth Fe Salditos wurde wegen der angeblichen Beteiligung an einem terroristischen Anschlag angeklagt. Sie ist derzeit nur gegen Kaution auf freiem Fuß. Ob sie Angst hat? „Ja, natürlich“, meint sie und schiebt sofort hinterher: „aber ich werde trotzdem nicht aufgeben. Wir müssen einfach für die Rechte der Menschen kämpfen.“
Eine der Produzentinnen, die mit Ruth Fe Salditos zusammen an die Ermordung ihres Vorstands Romeo erinnert, ist Florida Nonato. „Ich bin hierhergekommen um Gerechtigkeit zu fordern, für Romeo und für die anderen Ermordeten. Er hat uns verarmten Bauern geholfen, indem er sich für Fairen Handel eingesetzt hat. Und deshalb ist er auch für uns gestorben.“
Wie an jedem 15. hat Florida Nonato sich auch heute wieder in einen der vollgestopften Jeepneys, wie hier die Kleinbusse heißen, gequetscht und ist aus ihrem Dorf Damirez in die Hauptstadt gekommen.
In Damirez lebt sie mit ihrem Mann und ihren drei Kindern in einer kleinen Bambushütte. Die Wasserpumpe steht auf dem Hof und das Plumpsklo teilen sie sich mit den Nachbarn, doch die Familie ist trotzdem zufrieden mit ihrem Leben. Sie besitzen drei Hektar Land, auf dem sie Bananen und Zucker anbauen.
Weil sie die an den Fairen Handel verkaufen, haben sie ein monatliches Einkommen von 300 Euro. Wären Florida und ihr Mann auf den lokalen Markt angewiesen, wäre es gerade mal die Hälfte. „So können wir uns Dinge leisten, die sonst unerschwinglich wären: Die Schuluniformen und die Schulbücher für die Kinder, die wären sonst einfach zu teuer. Und zu Weihnachten gab es Fleisch! Das wäre mit einem normalen Einkommen nicht möglich gewesen.“ Die 35-Jährige strahlt geradezu, als sie sich an dieses Festessen erinnert.
Doch nicht nur die Vorstandsmitglieder von PFTC leben gefährlich, sondern auch die anderen. „Im Juli 2014 wurde Dionisio Garete ermordet. Er war ein einfacher Bauer, so wie wir, und wurde erschossen, als er mit seinem Zuckerrohr zur Mühle unterwegs war. Wir glauben, dass das passiert ist, weil er Mitglied einer Kooperative war, die zu PFTC gehört. Das kann uns auch passieren“, fürchtet Florida Nonato. Doch die Bewegung zu verlassen, ihre Produkte wieder auf dem lokalen Markt an die Zwischenhändler zu verkaufen, das kommt für sie nicht in Frage. „Der Faire Handel sichert unser Überleben. Nur mit seiner Hilfe können wir unsere Kinder zur Schule schicken, Kleidung und ab und zu Fleisch kaufen – wie könnten wir ihn aufgeben?“
Natürlich ist ein gutes und sicheres Einkommen für Florida Nonato und die anderen Produzenten wichtig. Aber die Zusammenarbeit mit dem Fairen Handel bedeutet für die Mitglieder von PFTC viel mehr: „Es geht auch um Partnerschaft und Verbundenheit“, betont Ruth Fe Saldidos. „ Als Romeo ermordet wurde, haben uns unsere Partner aus aller Welt unterstützt und ihre Solidarität gezeigt. Dass es woanders auf der Welt Menschen gibt, die sich Gedanken darum machen, dass es ihnen gut geht, das ist für unsere Produzenten unendlich wichtig. Diese Solidarität gibt uns die Kraft weiter zu kämpfen.”
Stand 03/2015
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