„Fairer Handel bekommt mehr politisches Gewicht“

Interview mit
GEPA-Geschäftsführer Matthias Kroth

Mexiko war Ihre erste Dienstreise für die GEPA? Mit welchen Erwartungen sind Sie dorthin geflogen?

Matthias Kroth: Mich interessierte, in welchen Verhältnissen die Bauern leben. Auch wollte ich wissen, ob die Bauern einschätzen können, was Fairer Handel bedeutet und was sie dementsprechend einfordern können. Wir zahlen momentan bis zu 190 US-Dollar pro 100 amerikanische Pfund. Wie genau ist die Verteilmasse? Welche Kosten fallen bei der Umrechnung in Pesos bei der Bank an, welche Kosten bei der Verwaltung, welche Rolle spielen Berater? Ja, und was bleibt letztlich für den Bauern?

Die Weiterbildung der Mitglieder ist wichtig.Matthias Kroth

Haben sich Ihre Erwartungen bestätigt?

Es gibt bei den Lebensverhältnissen und Qualifikationen ein starkes Gefälle. Ich hatte bei vielen Bauern den Eindruck, dass sie keine genaue Vorstellung davon hatten, woraus der Mehrwert des Fairen Handels für sie resultiert. Der Informationsfluss von Genossenschaftsvertretern zu den einzelnen Bauern funktionierte teilweise nur mäßig. Genau diese Bauern müssen wir aber unterstützen, ohne europäische Standards ansetzen zu können. Das geht natürlich nicht. 

 

Andererseits gab es Genossenschaftsvertreter, die bei den Preisverhandlungen sehr viel Beharrlichkeit an den Tag legten. Das fand ich gut, weil es zeigte, dass sie sich nicht unter Wert verkaufen wollten. Diskrepanzen beim Know-how gab es aber nicht nur zwischen den Bauern auf der einen Seite und Genossenschaftsvertretern und technischen Beratern auf der anderen Seite. Auch zwischen Vorstandsmitgliedern verschiedener Genossenschaften habe ich große Unterschiede feststellen können. Manchen fehlten selbst Basiskenntnisse, andere hatten Sachkompetenz und diskutierten sehr lebhaft und gewandt. 

Bildlich gesprochen ist der Unterschied so groß wie der zwischen Kreisliga und Champions League. Ziel muss es sein, die Kreisligisten langfristig in der Champions League zu platzieren. Aber natürlich gibt es auch hier in Deutschland Unterschiede zwischen Unternehmen, was Kompetenz und Effizienz angeht.

Was kann man verbessern?

Innerhalb der Genossenschaft sollte die Transparenz der Organisationsstrukturen verbessert werden, damit die Bauern besser ihre Rechte einfordern können. Berater sollten ihre Honorare offen legen. Weiterbildung der Mitglieder ist ebenfalls wichtig. 

 

Was hat Sie am meisten beeindruckt?

Die Gastfreundschaft hat mich sehr berührt. Die Hühnersuppe, die auf dem offenen Feuer zubereitet wurde. Das Wenige, was ein Bauer und seine Frau besaßen, haben sie mit uns geteilt. Menschen, die wenig haben, geben im Verhältnis oft mehr als Bessergestellte. Das ist in Deutschland oft auch nicht anders. 

Was mich auch beeindruckt hat, sind die widrigen Arbeitsbedingungen, der Marsch durch unwegsames Gelände bis zu den Fincas, die Schwüle. Der Bauer muss extrem hart arbeiten und stärkt sich dann an einer wässrigen Hühnersuppe. 

Wir dürfen uns nicht der Illusion hingeben, dass wir von jetzt auf gleich die Welt retten können.Matthias Kroth

Was kann Fairer Handel bewirken und wo stößt er an Grenzen? 

Über den Absatz an die GEPA und den Fairen Handel kann das Einkommen der Bauern deutlich verbessert werden. Fairer Handel kann aber nur den Rahmen abstecken, deshalb spielt auch Eigeninitiative eine große Rolle wie überall im Leben. Wir dürfen uns nicht der Illusion hingeben, dass wir von jetzt auf gleich mal kurz die Welt retten können.

Wir dürfen nicht den Messias spielen. Das ist nicht unsere Aufgabe. Es gibt in Mexiko ganz offensichtlich Missstände bei der Verteilung von Ressourcen. Wie wir in den vielen Gesprächen und Diskussionen erfahren haben, versickern viele staatliche Hilfen im Korruptionssumpf, kommen deshalb nicht bei den Bedürftigen an. Das Problem kann nur von innen gelöst werden. 

Und doch können wir da und dort den Finger auf die Wunde legen. Das haben uns auch die Genossenschaften bestätigt. Fairer Handel kann nicht alle Probleme vor Ort lösen, hat aber durch seine Präsenz mehr und mehr politisches Gewicht bekommen. 

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