Im Wettlauf mit der Klimakrise

Der Klimawandel verändert die Bedingungen für die Landwirtschaft – auch und gerade im Globalen Süden. Um zu überleben, müssen sich die Bauern der Kakaokooperative COOPROAGRO in der Dominikanischen Republik so schnell wie möglich an die neuen Gegebenheiten anpassen.

Mann pflegt Buamsetzlinge in einer Baumschule

Feuchteres Klima sorgt für Pilzbefall an Kakaobäumen

Zwei Männer pfropfen junge Bäume in einer Baumschule
Agraringenieur Joan Heredia (links) beim Pfropfen. Diese Methode soll sicherstellen, dass die Kakaobäume weniger anfällig für Pilzbefall sind.

Vorsichtig spaltet Joan Heredia das dünne Stämmchen des heruntergeschnittenen Kakaosetzlings exakt drei Zentimeter tief und steckt den Spross eines anderen Kakaobaums darauf. „Er stammt von einem Baum, der bewiesen hat, dass er besser mit den Pilzen klarkommt“, meint der Agraringenieur, während er den Stamm mit dem darin steckenden Reis fest umwickelt, so dass die Hölzer aneinandergedrückt miteinander verwachsen können. Kurz schaut er auf das Ergebnis, greift dann hinter sich und nimmt sich den nächsten Setzling vor, um die Operation erneut durchzuführen. „Das Pfropfen ist die beste Art, Pflanzen mit den gewünschten Eigenschaften zu ziehen. Bei der Methode des Bestäubens bleibt viel dem Zufall überlassen, wenn man nicht unter Laborbedingungen arbeitet. Aber wenn wir durch das Pfropfen genetische Klone erstellen, können wir sicher sein, dass diese Setzlinge halten, was wir versprechen“ erklärt er. Und es gibt noch einen wichtigen Vorteil: Es geht schnell. Und Schnelligkeit ist im Wettlauf mit der fortschreitenden Veränderung des Klimas entscheidend.

Pilze bekämpfen – ohne Einsatz von Chemie

Francisco Manuel Oleaga hofft sehr, dass er bald  Kakaobäume bekommt, die weniger anfällig für Pilze sind. In den letzten Jahren ist das Klima feuchter geworden; das begünstigt die Ausbreitung von Pilzen. „Wir produzieren ja Bio-Kakao, da können wir nicht einfach Chemie einsetzen , um die Krankheit zu bekämpfen“, sagt er. „Stattdessen müssen wir das Laub rund um die befallenen Bäume wegharken, damit die Feuchtigkeit aus dem Boden aufsteigen und sich der Pilz nicht so leicht verbreiten kann.“ Statt Pestizide zu kaufen und einen Arbeiter zu beschäftigen, muss er vier Männer bezahlen, was unterm Strich deutlich teurer ist.

Wir produzieren Bio-Kakao, da können wir nicht einfach Chemie einsetzen.

Francisco Manuel Oleaga, COOPROAGRO

Slider überspringen
Mann im T-Shirt steht in einer Kakaoplantage und blickt nach oben, er lächelt
Francisco Manuel Oleaga ist Kakaofarmer bei GEPA-Kakaopartner COOPROAGRO in der Dominikanischen Republik ...
Mann im T-Shirt steht in einer Kakaoplantage und blickt in die Kamera. Neben ihm hängen große Kakaoschoten
... Er ist besorgt aufgrund des immer feuchteren Klimas in dem Karibikstaat, weil sich so Pilze immer besser ausbreiten können.

Modellfarm, bezahlt mit den Geldern des Fairen Handels

COOPROAGRO versorgt seine Mitglieder schon lange mit Setzlingen, das ist Teil des Service, den die Kooperative anbietet. Bislang hat die kleine Baumschule, in der Joan Heredia während des Gesprächs gerade schon den dritten Setzling pfropft, die Anfragen gut bewältigen können. Doch weil jetzt nach und nach alle drei Genossen ihren Baumbestand auswechseln sollen, muss die Kooperative aufrüsten. „Wir müssen nicht nur die vielen Setzlinge produzieren und zur Verfügung stellen, sondern auch weiter experimentieren, welche Sorten sich den veränderten Bedingungen am besten anpassen können “, seufzt Joan Heredia angesichts der Größe dieses Unterfangens.

Wir experimentieren, welche Sorten sich am besten anpassen.

Joan Heredia, Agraringenieur

„Deshalb bauen wir gerade eine Modellfarm aus, in der wir mit verschiedenen Sorten Versuche durchführen und dann die Pflanzen im größeren Stil vermehren können.“ Das Geld für die Modellfarm kommt unter anderem aus dem fairen Aufschlag, den die GEPA zusätzlich zu dem erhöhten Mindestpreis und der Bio-Prämie für den Kakao bezahlt. Bislang wurde sie eher in Weiterverarbeitungsanlagen, Lager oder Transportmittel investiert, doch in Zeiten der Klimakrise sei es unabdingbar, sich auf deren Folgen so gut wie irgend möglich vorzubereiten.

Slider überspringen
Mann in einer Baumschule spricht und gestikuliert
Agraringenieur Joan Heredia in der Baumschule von COOPROAGRO. Mit ihr versorgt die Kooperative ihre Mitglieder mit Setzlingen.
Nahaufnahme einer Kakaoschote am Baum
Kakaobäuer*innen in der Dominikanischen Republik sind aufgrund der Folgen der Klimakrise zum Handeln gezwungen. Im Osten des Landes regnet es zu viel, gleichzeitig wird es immer heißer.
Durch Blätter einer Kakaopflanze schauen Kakaoschoten
Laut Agraringenieur Joan Heredia kommt es darauf an, durch schattenspendende Bäume auf den Kakaofeldern für ein kühles Mikroklima und für Schatten zu sorgen.

Die vielen Gesichter der Klimakrise

Gegen Pilze widerstandsfähige Kakaobäume zu identifizieren und zu liefern, wird nicht die einzige Aufgabe der Modellfarm sein. Die Klimakrise hat viele Gesichter. Im Osten der Dominikanischen Republik regnet es nicht nur zu viel, sondern es wird gleichzeitig auch heißer. „Deshalb ist es wichtig, für ein kühles Mikroklima und für Schatten zu sorgen. Das erreicht man, indem man auf dem Kakaofeld große, schattenspendende Bäume pflanzt, die außerdem für Verdunstungskühle sorgen“, sagt Joan Heredia und rät den Genoss*innen dringend, neben dem Kakao auch Urwaldriesen zu setzen. Dass die wiederum mitunter von den häufigeren und stärkeren Wirbelstürmen gefällt werden und dabei Teile der Kakaopflanzungen zerstören, müssten die Bauern in Kauf nehmen. „Man kann nicht alles haben, irgendwelche Opfer muss man immer bringen.“

Auch für solche Klimaanpassungsmaßnahmen wird die Modellfarm gebraucht. Hier sollen längst nicht nur Kakao- sondern alle Baumarten, die für die Bauern sinnvoll sind, gezogen werden. „Alles hängt davon ab, wie eine Pflanzung betrieben wird. Nur dann, wenn sie ihre Felder angepasst bewirtschaften, können die Bauern die Auswirkungen des Klimawandels beherrschen. “ Und nur dann werden die Genoss*innen überleben können.

Nur dann können die Bauern die Auswirkungen des Klimawandels beherrschen.

Joan Heredia, Agraringenieur