Im August 2015 hatte ich die Gelegenheit, den GEPA-Teepartner TPI in Indien zu besuchen. Schon die Anreise ist in Indien ein Erlebnis. Lesen Sie im ersten Teil meines Reiseblogs außerdem, wie ich versucht habe, Tee zu pflücken. Mehr über mich und meine Reise erfahren Sie hier
Geflogen bin ich nach Bagdogra, eine Stadt mit einem kleinen Flughafen mit Blick auf die Ausläufer des Himalajas. Als wir die Stadt hinter uns ließen und immer weiter den Berg hinauf fuhren, wurde alles ein bisschen ruhiger und ich nahm die ersten paar Atemzüge der Bergluft. Ein Genuss, nachdem ich tagelang die verpestete Luft der Hauptstadt Delhi geatmet hatte.
In den Bergen von Darjeeling war es auf den Straßen sehr viel ruhiger als in Delhi, außerdem waren die Temperaturen deutlich angenehmer als im Tal. Leider wurde die Aussicht von dichtem Nebel verdeckt und ich konnte nur erahnen, wie beeindruckend der Blick ins Tal sein muss.
Wie überall in Indien war Autofahren auch hier ein Erlebnis. Besonders spannend wurde es, als wir die Hauptstraßen verließen, um zu den abgelegenen Teegärten zu gelangen. Fast wie auf einer Achterbahnfahrt – in Zeitlupe – ohne Sicherheitsgurt. Bei Regen und Nebel wurde ich auf der Rückbank von links nach rechts geworfen und blickte dauerhaft die steilen Abhänge hinunter. Doch irgendwie schafften es die erfahrenen Fahrer trotzdem, mich sicher ans Ziel zu bringen. Während der Fahr konnte ich keine Fotos schießen – hier ein paar Impressionen der Straßen von Darjeeling:
Die längste Zeit habe ich im Teegarten Samabeong verbracht. Östlich von Darjeeling-Stadt, nicht zu weit von der Grenze zu Bhutan, liegt der höchstgelegene Teegarten Darjeelings. Übersetzt heißt Samabeong „Höhle des schwarzen Bären“ („Sama“= Schwarzbär; „Beong“ = Höhle). Seit 1990 bewirtschaftet TPI den Teegarten Samabeong und arbeitet mit der GEPA zusammen.
Samabeong liegt auf bis zu 2.000 Metern Höhe. Von den insgesamt 485 Hektar sind 132 mit Teepflanzen bepflanzt. Die Bewohnerinnen und Bewohner sind fest als Arbeitskräfte eingestellt und wöchentlich bezahlt. Wie in jedem Teegarten von TPI ist die Teefabrik direkt vor Ort. Außerdem gibt es eine Community Hall, wo sich die Bewohner treffen, Versammlungen und Fortbildungen stattfinden, sowie eine Schule.
Bis heute ist das indische Teegeschäft von der britischen Kolonialherrschaft geprägt. TPI-Gründer Brij Mohan war als einer von Wenigen davon überzeugt, dass die Kolonialstrukturen im Teesektor beendet werden müssen, um neuen Formen der Zusammenarbeit in den Teegärten Platz zu machen. Mehr darüber lesen Sie hier.
Die Teearbeiterinnen und -arbeiter sind fast ausschließlich Nepalesen. Ihre Vorfahren wurden zu Beginn der Kolonialzeit von den Briten in die Berge Darjeelings zwangsumgesiedelt. Inzwischen haben sie die indische Staatsangehörigkeit und fühlen sich heimisch im Norden Indiens. Doch die Arbeiter sprechen noch ihre Sprache Nepali und pflegen auch ihre heimische Kultur.
Die einfachen Häuser der Arbeiterfamilien sind in sechs kleinen Dörfer über die Plantage verteilt. In den kleinen Dörfern hat jede Familie ein kleines Häuschen. Meistens sind es nicht mehr als zwei oder drei Zimmer, in denen mehrere Generationen gemeinsam kochen, schlafen und leben. In den Dörfern bieten kleine Läden das Nötigste für den Alltag. Für größere Einkäufe müssen die Familien in der nächstgelegenen Stadt Kalimpong einkaufen, die nur durch das Jeep-Taxi zu erreichen ist.
Das Leben ist hier durch die steilen Hänge geprägt. Sie machen die kleinsten Aufgaben im Alltag zu einer Herausforderung. Ich war in den Monaten August und September in Darjeeling. In dieser Zeit neigt sich die Regenzeit dem Ende zu. Es regnet immer wieder stark und ist oft sehr neblig, wir hatten immer unsere Regenschirme dabei. Nicht nur einmal saß ich im Matsch, weil der Regen die schmalen Wanderwege aufgeweicht hatte – für die Einheimischen sehr unterhaltsam.
Obwohl ich gerne wandere und relativ fit bin, brachten mich die Rundgänge über die Felder an meine Grenzen. Jeden Tag begleitete ich Nirdesh Tamang, der als „Assistant Manager“ für die Arbeiter zuständig ist. Als wir abends wieder vor der Unterkunft standen, war ich erschöpft. Und dabei hatte ich noch nicht mal selbst gearbeitet! Die Felder an den äußeren Grenzen der Plantage waren bis zu vier Kilometer von der Unterkunft entfernt und teilweise schwierig zu erreichen. Außerdem waren meine Beine bei den indischen Blutegeln anscheinend sehr beliebt. Ich kann mir schwer vorstellen, wie insbesondere die älteren Arbeiterinnen immer noch den ganzen Tag im Feld stehen und pflücken.
Also wollte auch ich mein Geschick beim Pflücken der wertvollen Blätter versuchen. Mit dem Korb auf dem Rücken unter den gespannten Blicken der anderen Arbeiterinnen nahm ich den ersten Busch in Angriff. Welche Blätter gepflückt werden müssen, war nicht schwer auszumachen: Die jungen Blätter in hellem Grün heben sich deutlich von den älteren, dunkleren Blättern ab. Ziel ist es mit Daumen und Zeigefinger zwei Blätter, verbunden durch einen Halm, von der Pflanze zu trennen – „two leaves and a bud“. Während die anderen die Blätter sanft abzupften, war es bei mir eher ein gewaltsames Abreißen.
Bei dem Tempo der Frauen konnte ich auch nicht mithalten, obwohl ich das Gefühl hatte, dass sie mich die meiste Zeit beobachteten. Nach einer guten Stunde und einer enttäuschenden Ausbeute von etwa hundert Blättern beschloss ich meinen Korb wieder abzugeben. In der Verarbeitung verlieren die Blätter noch Gewicht, sodass meine Ernte keine zwei Packungen GEPA Tee füllen werden. Ich war zwar stolz auf meinen Beitrag, aber keine große Hilfe. Die Arbeiterinnen können je nach Saison deutlich mehr als zehn Kilogramm pro Tag pflücken.
Jeden Tag mehrere Stunden in den Feldern zu stehen ist körperlich anstrengend. Doch für hochwertigen Tee ist es erforderlich, dass die Blätter sorgfältig ausgewählt und im Ganzen gepflückt werden.
Stand 10/2015
Was TPI unternimmt, um den Arbeiterinnen und Arbeitern das Leben leichter zu machen, und wie der Faire Handel vor Ort dazu beiträgt, lesen Sie
im zweiten Teil
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