Chancen im Kakaoanbau durch Fairen Handel

 

„Kakao Kids„ bei der Genossenschaft COOPROAGRO
in der Dominikanischen Republik

Immer wieder gibt es Berichte über ausbeuterische Kinderarbeit im Kakao-Anbau. In Westafrika, woher 70 Prozent des in Deutschland verarbeiteten Kakaos stammt, schuften rund 1,5 Millionen Kinder auf Kakaoplantagen, so das Fazit der NORC-Studie der Universität Chicago. Diese Kinder wissen nicht, wie Schokolade schmeckt, und – was noch schwerer wiegt – sie haben nie eine Schule von innen gesehen. Dass es auch anders geht, zeigt ein Beispiel aus der Dominikanischen Republik. Dort kauft die GEPA von ihrer Partnergenossenschaft COOPROAGRO Kakao zu fairen Preisen und ohne ausbeuterische Kinderarbeit ein.

Mit in den Nacken gelegtem Kopf läuft Arianny über das Feld und späht in das Laub der Kakaobäume. „Da ist eine“, ruft sie und zeigt in die Höhe. Und tatsächlich, bei genauerem Hinsehen sieht man ein wenig Gelb zwischen den sattgrünen Blättern hervorscheinen: eine reife Kakaofrucht. Ariannys Onkel William kommt mit seinem an einer vier Meter langen Stange befestigtem Messer und schneidet die Kakaofrucht ab. Jetzt ist Ariannys Cousin Dawil dran. Er sammelt die Frucht ein, schlägt sie ein paar Mal geschickt mit der Machete auf und schüttet die von weißem Fruchtfleisch umhüllten Kakaobohnen in einen Eimer. Währenddessen hält Arianny schon wieder nach weiteren reifen Früchten Ausschau.

 

"Wir wussten gar nicht, was unser Kakao tatsächlich wert ist.“
 

Arianny und Dawil sind 13 und 14 Jahre alt und leben im Nordwesten der Dominikanischen Republik. Ihre Eltern sind Kakaobauern. Ihre Felder sind ungefähr so groß wie drei Fußballplätze. Das klingt erstmal nach viel, ist aber für einen Bauern, der davon eine ganze Familie ernähren muss, ziemlich wenig. Vor allem dann, wenn die Käufer des Kakaos so wenig wie möglich bezahlen wollen und die Kleinbauern ständig noch weiter im Preis runterhandeln. William Holguin erinnert sich noch gut daran, wie das war. „Damals haben die Aufkäufer einfach gesagt, ‚wir zahlen soundso viel‘ und das war es dann. Wir hatten keine andere Wahl, als den Preis zu akzeptieren. Wir wussten gar nicht, was unser Kakao tatsächlich wert ist.“ So wie früher für William läuft es auch heute noch für die meisten Kakaobauern auf der Welt. Sie bekommen so wenig Geld für ihren Kakao, dass sie es sich nicht leisten können, Arbeiter einzustellen, die ihnen bei der Kakaoernte helfen. Stattdessen müssen ihre Kinder mitarbeiten.  Moment mal, arbeiten Arianny und Dawil nicht auch auf dem Feld? Ja. Aber immer nur nach der Schule oder am Samstag. „Und sie dürfen keine harten Arbeiten machen“, beteuert William.

Ich möchte eines Tages Immobilienmaklerin werden.Arianny Holguin (13)

Für Arianny und Dawil ist es ganz normal, dass sie mithelfen, wenn viel zu tun ist. „Zur Erntezeit geht die ganze Familie mit aufs Feld, auch meine Großmutter und meine Tante“, meint Arianny. Dawil ist auch stolz darauf, wie geschickt er mit der großen Machete umgehen kann. Trotzdem wollen weder Arianny noch Dawil später Kakaobauern werden. Dawil hat als Berufswunsch Kinderarzt. Und Arianny? "Ich möchte eines Tages Immobilienmaklerin werden", so die aufgeweckte 13-Jährige. Die Chancen, dass sie ihre Ziele erreichen, sind gar nicht schlecht, beide sind gute Schüler – und sie können bis zum höchsten Abschluss in die Schule gehen. Das ist nicht selbstverständlich.

Weil wir unseren Kakao an die GEPA verkaufen, bekommen wir ein Drittel mehr Geld für unsere Ernte.Kakaobauer William Holguin

„Weil wir unseren Kakao an die GEPA verkaufen, bekommen wir ein Drittel mehr Geld für unsere Ernte, als wenn wir an die normalen Aufkäufer verkaufen würden“, erzählt William. „Ohne diesen fairen Preis wäre kein Geld da, um Arbeiter zu bezahlen, und Dawil müsste für einige Monate aus der Schule genommen werden, um bei der Ernte zu helfen.“ Der verpasste Schulstoff wäre kaum nachzuholen. Dawil müsste womöglich sogar die Schule abbrechen – so wie viele Kinder von Kleinbauern, die einfach nicht genug verdienen, um Hilfskräfte zu bezahlen.

„Wir sind nicht reich, aber wir haben alles, was wir brauchen."
 

Obwohl die Eltern von Arianny und Dawil deutlich mehr Geld verdienen als Bauern, die nicht an den Fairen Handel verkaufen, sind sie trotzdem nicht reich. Dawil teilt sich mit seinem Bruder ein Zimmer, das so klein ist, dass außer den beiden Betten und einer Kommode nichts hineinpasst. In den Ferien mit dem Flugzeug irgendwo hinzureisen, das könnten sich ihre Eltern niemals leisten. Glücklicherweise gibt es aber in der Nähe wirklich schöne Strände, an die sie manchmal für ein paar Tage fahren. Und es ist genug Geld da, um für alle Familienmitglieder ordentliche Kleidung zu kaufen. „Wir sind nicht reich, aber wir haben alles, was wir brauchen, und sind sehr zufrieden mit unserem Leben“, fasst William die Situation der Familie zusammen.

Zusätzlich zu dem höheren Preis für den Kakao über die Fairtrade-Prämie und Bio-Prämie zahlt die GEPA der Kooperative COOPROAGRO, in der die Eltern von Arianny und Dawil Mitglied sind, einen Extra-Aufschlag. Die Gelder aus dem Fairen Handel werden so verwendet, dass möglichst viele Menschen etwas davon haben. Wie genau, das entscheiden die Bauern selber. Zum Beispiel bekommen alle Kinder im Dorf jedes Jahr nach den großen Ferien Schulsachen.
 

Ohne den Fairen Handel sähe es im Dorf anders aus.Kakaobauer William Holguin

Das ist längst noch nicht alles. „Ohne den Fairen Handel sähe es im Dorf anders aus“, meint William und zählt auf, was schon alles mit diesem zusätzlichen Aufschlag bezahlt wurde. „Wir haben damit zum Beispiel Straßen repariert, in der Schule ein neues Gebäude für weitere Klassenzimmer angebaut und ein neues Dach für die Klinik bezahlt.“ Bei uns in Deutschland werden solche Dinge vom Staat bezahlt, doch die Regierung der Dominikanischen Republik hat nicht genügend Geld dafür, alles in Schuss zu halten. Das für Arianny und Dawil wichtigste Projekt ist der Sportplatz der Schule. Auch dazu hat der faire Preis der GEPA beigetragen. Hier treffen sich die Kinder aus dem Dorf nicht nur in den Pausen, sondern auch nachmittags, um Basketball, Baseball oder Fußball zu spielen. Arianny und Dawil wissen, dass dieser Platz mit dem Geld des Fairen Handels bezahlt wurde. „Wir sind darüber wirklich sehr froh und dankbar“, meinen beide.

Qualität, die sich auszahlt

Natürlich mögen auch die Kinder in der Dominikanischen Republik gerne Schokolade. Arianny trinkt jeden Morgen zum Frühstück Kakao. Der ist so schokoladig, dass sie einfach ein Brötchen hineintunken kann, ohne dass da noch Schokocreme drauf geschmiert werden müsste. Dawil hat auch schon mal die GEPA-Schokolade gegessen, die aus den Kakaobohnen der Kooperative hergestellt wird. „Sie ist wirklich super!“, meint er. „Wir haben sie zum Probieren bekommen, damit mein Vater und die anderen Bauern sehen, was aus ihrem Kakao gemacht wird und sie motiviert sind, weiter guten Kakao anzubauen.“ Denn nur, wenn der Kakao wirklich ausgezeichnete Qualität hat, sind die Kund*innen bei uns in Europa dazu bereit, für die Schokolade mehr als das hier Übliche zu bezahlen, und nur dann können Arianny und Dawil weiter zur Schule gehen.

Stand 06/2021

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Die GEPA positioniert sich ausdrücklich gegen jegliche Form von Kinderarbeit.
Erfahren Sie mehr in unserem Positionspapier.

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Fairer Handel gegen Kinderarbeit

Die GEPA positioniert sich ausdrücklich gegen jegliche Form von Kinderarbeit. Erfahren Sie mehr in unserem Positionspapier.

 | Foto: GEPA - The Fair Trade Company / C. Nusch